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Archiv-Artikel

schurians runde welten Hintenrum für Zumdick

„Trainer schon mal gar nicht, als Trainer habe ich überhaupt kein Vorbild! Den gut gelaunten Neururer vielleicht.“ (Peter Neururer in ,Elf Freunde‘)

Unser Land ist besessen von Fußballtrainern. Als vor hundert Jahren der englische Ballsport reichsweit eingedeutscht wurde – auf das der Corner zum Eckball wurde und der Captain zum Spielführer – jubelte man den Football-Coach kurzerhand zum Fußball-Lehrer hoch. Später wurde das mit einem Lehrgang der Deutschen Sporthochschule zu Köln amtlich besiegelt. Bis heute versprechen Berufsbezeichnung und Ausbildungsgang dem schlichtesten Ex-Fußballer – nennen wir ihn ruhig beim Namen: Andreas Brehme – den Aufstieg ins Bildungsbürgertum. Das hat Folgen.

Gewinnt eine Mannschaft häufiger als sie verliert, schießt sie mehr Tore als üblich, springen Pokale heraus, trägt das Team bald die Handschrift ihres Trainers. Gerade die gescheiteren Fußballkommentatoren sind fasziniert von der Nebenrolle an der Seitenlinie. Es scheint fast, als ob sie sich einer nie endenden Suche nach dem weisen, unterhaltsamen, irgendwie emanzipatorischen, aber doch erfolgreichen Teamchef verschrieben haben. Haben sie ihren Lieblingsfußballdiktatoren dann in Gestalt von Jürgen Klopp, Klaus Toppmöller, Jürgen Finke, Ewald Lienen oder Jürgen Klinsmann gefunden, wird der väterliche Superheld natürlich schnell wieder zertrümmert.

Der Fußball-Lehrer wird alsbald zum schwächsten Glied in der Kette, es kommt zum Rauswurf. Dem Arbeitslosen bringt aber auch das etwas – eine Abfindung und viel Mitgefühl. Der geschasste Sportlehrer wird zum traurigen Erwerbssuchenden von nebenan, bis das Spiel von Neuem beginnt.

Auch ich bin von dieser Berufskrankheit infiziert. Denke mehr über Trainer nach, als es mir und Ihnen gut tut. Vielleicht auch deshalb, weil es zu ihrem Job gehört, der Presse nach dem Spiel Fragen zu beantworten, was fatal an Vater und Sohn in der Warum-Warum-Warum-Phase erinnert.

Auch deshalb wird sich wohl dieses besondere Erlebnis mit einem Bundesligatrainer einen Ehrenplatz in meinem Gedächtnis gesichert haben: Nach einem Interview mit Ralf Zumdick – seinerzeit Trainer des VfL Bochum und jetzt Zweitcoach beim HSV – spielte ich vor seinen Augen Hallenfußball. Ich versuchte einen langen Ball auf einen Mitspieler vor dem Gegnertor, doch Zumdick hielt mich davon ab. Rief laut und deutlich „Hintenrum“, einen Ratschlag, den ich fortan beherzigen wollte. Genau zwanzig Tage lang. Dann musste Zumdick nach drei Niederlagen gegen Bayern, Berlin und Hamburg gehen. CHRISTOPH SCHURIAN