Über die Wupper

Die Intendantin des Tanztheaters Wuppertal muss gehen, die Krise bleibt

Am 12. Juli war das letzte Gastspiel der Saison des Wuppertaler Tanztheaters in Paris. Am späten Nachmittag des 13. Juli gab der Beirat des Tanztheaters die sofortige Kündigung von Adolphe Binder bekannt, Intendantin seit einer Spielzeit. Aus seinem Vertrag entlassen wird auch der Geschäftsführer Dirk Hesse, wenn auch erst gegen Ende des Jahres. Er hatte, wie Anfang Juli bekannt wurde, den Beirat um Binders Kündigung gebeten.

Das ist der vorläufig letzte Akt eines Kampfs um Kompetenzen und Entscheidungsmacht hinter den Kulissen. Dirk Hesse hat die Kompagnie neun Jahre lang mit Interims-Intendanten geleitet, mit dem Schwerpunkt allein auf Erhalt des Repertoires. Mit Adolphe Binder sollte das Pina Bausch Ensemble endlich auch mit anderen Choreografen zusammenarbeiten, Dimitris Papaioannou und Alan Lucien Oyen entwarfen neue Stücke. Ein Anfang schien gemacht, Bausteine für mehr als den Repertoire-Erhalt zu legen.

Der Beirat aus Kulturpolitikern der Stadt Wuppertal und des Landes Nordrhein-Westfalen begründet die Kündigung damit, nur so die Handlungsfähigkeit des Tanztheaters Wuppertal erhalten zu können. Er äußert sich nicht zu den von Hesse gegen Binder vorgebrachten Vorwürfen, bei denen es um Mobbing von Mitarbeitern gehen soll und das Fehlen eines „genehmigungsfähigen“ Spielplans für 2018/19. Einzelne Tänzer haben sich in Interviews und in einem offenen Brief inzwischen hinter die Intendantin gestellt und sie verteidigt. Genützt hat ihr das im Beirat wohl nichts.

Adolphe Binder war dem Geschäftsführer unterstellt, erst nach ihrer Kündigung äußerte sie sich in einem offenen Brief, in dem sie erwähnt, dass die Geschäftsführung und die Stadt Wuppertal schon seit Monaten eine Vertragsauflösung von ihr forderten. „Der Geschäftsführer Dirk Hesse“, schreibt sie, „hat sich von Beginn an geweigert, die […] neu geschaffene künstlerische Leitung zu akzeptieren und diese transparent in die Entscheidungsprozesse einzubeziehen.“ Sie wollte eine neue Geschäftsordnung, die sie in ihren Entscheidungsbefugnissen stärkte. Die Stadt Wuppertal, Eigentümerin des Tanztheaters, zog nicht mit. Dieser Konflikt überschattete Binders Arbeit von Anfang an und fällt jetzt dem ganzen Tanztheater empfindlich auf die Füße. Leidtragende sind vor allem die Tänzer, die auf den erst zuletzt öffentlich ausgetragenen Konflikt mit großem Erschrecken reagiert haben.

Katrin Bettina Müller