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Lippenkampf und Sittichbalz

Auch unter Tieren gibt es Verhaltensweisen, die dem Küssen ähneln. Nicht immer geht es um die Liebe

Sein Mund sieht aus wie zum Knutschen gemacht, diese Tätigkeit trägt der Küssende Gurami sogar im Namen. Der Speise- und Zierfisch aus Südostasien hat scheinbar geschürzte Lippen. Beim Balzen berühren die Guramis damit einander und umschlingen sich, bevor das Weibchen Tausende Eier ablaicht.

Doch ihren Hauptzweck erfüllen die Lippen des Guramis beim Kämpfen. Mund auf Mund schieben zwei Männchen bei ihren Revierkämpfen gegeneinander an. Das mag für Menschen wie ein langer Kuss aussehen. Tatsächlich klären die Fische, wer der Stärkere ist.

Bei diversen Tierarten gibt es Verhaltensweisen, die für Menschen wie Küsse aussehen. Wenn Schnauze auf Schnauze und Schnabel auf Schnabel trifft, kann das durchaus auch mit Zuneigung und Partnerschaft zu tun haben. Manchmal verfolgt es ganz andere Zwecke, es kann der Fütterung dienen oder dem Informationsaustausch.

Wellensittich-Hähnchen auf der Balz plustern das Kopfgefieder auf, nicken vor einer potenziellen Partnerin mit dem Kopf und picken ihr an den Schnabel. Hochgewürgte Körner sind der Henne ein willkommenes Balzgeschenk. Die Vögel legen ihre Köpfe schräg, öffnen ihre Schnäbel kreuzweise ineinander, um sich Schnabel zu Schnabel zu füttern. Manchmal ducken die Wellensittich-Hennen sich in eine unterwürfige Position und betteln mit zirpenden Lauten bei ihrem Partner um Nahrung, ganz ähnlich wie Jungvögel, die gefüttert werden wollen.

Wellensittichpaare bleiben oft ein Leben lang zusammen und füttern einander regelmäßig. Waren beide Partner eine Weile getrennt oder mit sich selbst beschäftigt, begrüßen sie einander mit einer Berührung am Schnabel.

Einem leidenschaftlichen menschlichen Kuss sehr ähnlich ist das Geknutsche der Bonobos, einer Schimpansenart, die ausschließlich im Kongo lebt. Sind sie sexuell erregt, küssen ­Bonobos mit offenem Mund und mit Zunge. Das Küssen ist dabei nicht ­einem festen Partner vorbe­halten. Bonobos haben mehrmals am Tag sexuelle Kontakte mit unterschiedlichen Partnern. Ob zur Begrüßung oder zur Be­ruhigung, Anlässe zur körperlichen Intimität finden sich viele. Das stärkt den Zusammenhalt und Frieden in der Gruppe.

Der nächste Verwandte des Bonobo, der Gemeine Schimpanse, ist da sehr viel zurückhaltender. Schimpansen küssen sich flüchtig auf den Mund, um sich nach einem Streit zu versöhnen. Johanna Kleibl

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