: Vulkane antanzen
Eyjafjallajökull. Manche Wörter sind so schön, dass man sie einfach immer mal wieder wiederholen muss. „Eyjafjallajökull“ gehört allein schon aus dem Grund dazu, dass es für Nichtisländer eine nicht eben geringe Leistung darstellt, das Wort überhaupt zu entziffern und dann auch noch im Gedächtnis zu behalten.
Das Duo Madness & Arrogance des Berliner Posaunisten Gerhard Gschlößl und des ebenfalls in Berlin lebenden Pianisten Marc Schmolling tut auf seinem Debütalbum daher gut, sich dem Vulkan erst einmal vorsichtig anzunähern. „Approaching Eyjafjallajökull“, auf dem eigenen Label Trouble in the East erschienen, könnte womöglich auch ganz anders heißen, würde dann aber eben nicht mehr so schön klingen.
An musikalischen Klängen erkunden die beiden die Möglichkeiten der E-Piano-Klassiker Fender Rhodes und Wurlitzer, wahlweise kombiniert mit Posaune oder dem tiefenbetonten Sousaphon, einer Variante der Tuba. Das kann ein feines Klingeln sein, dem Gschlößl schlagartige tiefe Stöße entgegensetzt, bevor er sich dann auf die Töne im engeren Sinne konzentriert, mal mit, mal ohne Filter, selten so, wie man sie erwartet.
Auch Schmolling erkundet ausgiebig den Raum, den ihm seine verstärkten Klaviere bieten, lässt sie verzerrt brodeln, dann wieder vertraut perlen. Oft erinnert das dann mehr an ein Vibrafon – in den Fender- und Wurlitzer-Klavieren sind ja Metallstücke statt Saiten verbaut –, traumverhangen, dann wieder aggressiv. Geerdet wird die Sache in der Regel von den zupackenden Melodien Gschlößls.
Dem Namen, doch nicht der Sache nach rauer ist das Projekt Brom des Berliner Saxofonisten Alexander Beierbach. Gemeinsam mit Jan Roder am Bass und dem Schlagzeuger Christian Marien setzt Beierbach auf diskretes Überblasen und feinziselierte Melodien, die von Roder und Marien mit variierender Pulsfrequenz umspielt werden.
Ein Avantgarde-Ansatz schließt für Brom denn auch weder lyrische Momente noch tonale Passagen aus. Es ist alles eine Frage der Dosierung und des Kontextes. Wie beim an sich heftigen Element Brom, das sogar im Meerwasser vorkommt. Hauptsache, es fließt.
Tim Caspar Boehme
Madness & Arrogance: „Approaching Eyjafjallajökull“ (Trouble in the East Records)
Brom: „Cardboard Sea“ (Tiger Moon Records)
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