wie machen sie das?: Der ohne Schmerzen
Frank Schrodt, 51, tritt als „Benji le Fakir“ auf. In seinen Shows arbeitet er vor allem mit Scherben und Nagelbrettern. Er lebt in Neuberg bei Frankfurt am Main.
taz am wochenende: Herr Schrodt, Sie gehen barfuß über Scherben und legen sich ein Nagelbrett mit Gewichten auf die Brust, ohne sichtbar Schmerzen zu spüren. Wie machen Sie das?
Frank Schrodt: Das ist reine Konzentration und Atemtechnik. Ich begebe mich vor meinen Shows in einen meditativen Trancezustand. Dann bin ich ganz ruhig, atme sehr kontrolliert, ich spreche sogar langsamer. In diesem Zustand spüre ich die Schmerzen zwar, aber ich kann sie aushalten.
Keine Tricks?
Keine Tricks. Alles ist echt. Die Scherben sind nicht abgeschliffen, die Nägel handelsübliche Nägel aus dem Baumarkt. Ich arbeite mit Aufmerksamkeitsverschiebung. Einfach gesagt: Ich lenke mich ab, indem ich mich auf etwas anderes konzentriere.
Kann das jeder?
Im Grunde schon. Schmerz entsteht nicht an der schmerzenden Stelle, sondern im Kopf, im Schmerzzentrum. Wenn ich Zahnschmerzen habe, tut nicht der Zahn weh, sondern mein Kopf weiß, dass da etwas ist, und sendet Schmerzsignale. Um die Schmerzen auszublenden, kann man sich einfach einen anderen Schmerz zufügen. Wenn ich mir mit den Fingernägeln in die dünne Stelle zwischen Daumen und Zeigefinger kneife, habe ich für den Moment keine Zahnschmerzen mehr, weil ich durch den neuen Schmerz abgelenkt bin.
In Ihren Shows lassen Sie auch Menschen aus dem Publikum über Scherben laufen.
Ja. Zuerst erkläre ich ihnen die richtige Atmung: tief und ruhig, alle Luft aus den Lungen pressen. Und dann stelle ich Fragen, damit sie abgelenkt sind und sich nicht auf den Schmerz in ihren Füßen konzentrieren. Das klappt vielleicht eine halbe Minute. Weil ich das selbst jahrelang trainiert habe, halte ich die Schmerzen sehr viel länger aus.
Verletzen Sie sich auch bei Ihren Shows?
Von den Scherben bekomme ich oft Schnittwunden. Aber die verheilen bei mir innerhalb von Stunden. Bei den Nägeln ist das nicht so wild. Unsere Haut ist ein extrem dehnbares Organ. Da bohren sich die Nägel nicht durch, wenn ich langsam vorgehe. Ich ramme mir das Nagelbrett ja nicht in den Bauch, sondern lege es vorsichtig auf mich.
Und wenn Sie mal wirklich schlimme Schmerzen haben?
Ich nehme keine Schmerztabletten. Ich hatte mit Anfang zwanzig einen Motorradunfall, danach in der Reha hatte ich Schmerzen und wollte keine Medikamente dagegen nehmen. Stattdessen habe ich mit Entspannungsübungen und autogenem Training angefangen. Das hat mir geholfen.
Interview: Christina Spitzmüller
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