: Schon wieder Nazi-Nasen
Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage fand ein Nazi-Aufmarsch statt. Wieder kamen 130 Rechte. Auf der Gegenseite waren es mehrere tausend. Kritik an Polizeieinsätzen
Eins muss man den Neonazis lassen: Hartnäckig sind sie ja. Am Samstag gelang es ihnen, zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage aufzumarschieren. Zwar beteiligten sich wie schon beim NPD-Aufmarsch beim SPD-Bundesparteitag am vergangenen Mittwoch in Neukölln gerade einmal 130 Personen. Erwartet hatten sie das Dreifache. Doch die 130 Nasen genügten, immerhin 1.500 Einsatzkräfte für Stunden auf Trab zu halten. Weitgehend friedlich zogen sie vom S-Bahnhof Landsberger Allee nach Marzahn. Zwei Neonazis nahm die Polizei wegen des Tragens von verfassungsfeindlichen Symbolen und des Mitführens verbotener Gegenstände fest.
Auch die Gegenseite war aktiv. Bereits am frühen Samstagvormittag hatten sich in der Storkower Straße Ecke Landsberger Allee einige hundert Gegendemonstranten zu einer Kundgebung getroffen. Dazu stießen rund 500 Personen aus der Antifa-Szene, die sich am U-Bahnhof Frankfurter Tor getroffen hatten. Zeitgleich beteiligten sich rund 1.000 Menschen an einem „Fest für Demokratie und Toleranz“ rund um den S-Bahnhof Schöneweide in Treptow-Köpenick. Der Bahnhof war in den vergangenen Jahren immer wieder Schauplatz rechtsextremer Übergriffe. Ziel des Festes war es, mit Lesungen, Diskussionen, Musik und Theater ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit zu setzen. Das wollte wiederum die NPD nicht einfach hinnehmen, die in Treptow-Köpenick ihre Bundesparteizentrale hat. Sie hielt ihrerseits eine Kundgebung mit 20 SympathisantInnen ab.
Kritik gab es am Einsatz der Polizei. So berichtet Axel Nawrazala von der linken Wahlalternative (WASG), dass er auf dem Rückweg von der Gegendemonstration von der Polizei behindert wurde. Nachdem er daraufhin den Beamten bat, ihm seine Dienstnummer mitzuteilen, habe der Polizist ihn brutal in den Rücken gestoßen. „Man wird behandelt wie ein Stück Vieh“, sagte Nawrazala.
Schwere Vorwürfe werden auch am Polizeieinsatz bei den Protesten gegen den Nazi-Aufmarsch während des SPD-Parteitags laut. Entgegen ersten Behauptungen der Polizei ist es in Neukölln zu mindestens 22 Verhaftungen gekommen. Die Betroffenen waren auf dem Weg zur Antinazikundgebung vor dem Hotel Estrel, als sie von Einsatzkräften angehalten wurden mit der Begründung, es handele sich um eine allgemeine Personenkontrolle. Wenig später wurde ihnen „schwere Störung des Straßenverkehrs“ vorgeworfen. Transporter brachten sie in die Gefangenensammelstelle nach Tempelhof. Zwei der Betroffenen wurden nach eigener Aussage von mehreren Beamten misshandelt, als sie eine Begründung verlangten, warum sie einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen werden. Die Misshandelten haben Strafanzeige erstattet. FELIX LEE