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Erfolgreich in Wolfsburg

Das Champions-League-Finale gegen Lyon haben Wolfsburgs Fußballerinnen verloren, aber im hausinternen Vergleich zeigen sie den Männern schon seit Jahren, wo’s langgeht

Übermotiviert: Als Alexandra Popp vom Platz flog, war der Traum von Triple ausgeträumt Foto: Ina Faßbender/dpa

Von Christian Görtzen

Drei Minuten lang sah es so aus, als sollte es in Kiew ein Abend für die Ewigkeit werden. Die Fußball-Frauen des VfL Wolfsburg führten im Endspiel der Champions League gegen Olympique Lyon zu Beginn der Verlängerung mit 1:0. Das Triple schien nach deutscher Meisterschaft und DFB-Pokalgewinn greifbar. Doch nach einer Gelb-Roten Karte für Alexandra Popp ging gar nichts mehr. Zack, zack, zack, zack – 1:4! Bei den „Wölfinnen“ flossen die Tränen.

„Es ist sehr bitter. Ich bin aber sehr stolz auf die Mannschaft und auf das, was sie wieder geleistet hat.“ „Sie hat einen unglaublichen Willen gezeigt“, lobte VfL-Coach Stephan Lerch.

Warum sind die Wolfsburger Frauen den Männern des Werksklubs, dessen Alleingesellschafter die Volkswagen AG ist, so weit voraus? Während die Kicker seit Jahren trotz verschwenderischen Investments durch VW im unteren Mittelfeld der Bundesliga-Tabelle herumdümpeln und sich erneut erst in der Relegation – diesmal gegen Holstein Kiel – vor dem Abstieg retteten, haben die Frauen den VfL international zu einer Qualitätsmarke gemacht.

Für den Erfolg gibt es Gründe. Der wichtigste ist das liebe Geld. Das Ungleichgewicht bei den finanziellen Möglichkeiten der VfL-Teams ist erst einmal verstörend. Mutterkonzern VW hat für das Profiteam der Männer in der vorherigen Saison rund 70 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. In den Jahren davor waren es gar bis zu 100 Millionen Euro. Die Aussicht auf üppige Gehälter zieht den einen oder anderen Ballkünstler in die Autostadt am Mittellandkanal.

Das Budget der Frauen dürfte bei vier Millionen Euro liegen. Doch die Referenz ist eben auch nicht das absurde Millionengeschäft Männer-Bundesliga, sondern die Frauen-Bundesliga, an der sich das öffentliche Interesse in Grenzen hält.

Im Konkurrenzkampf der zwölf erstklassigen Frauen-Teams sind die Wolfsburgerinnen mit ihren vier Millionen Euro allen Vereinen außer Bayern München weit voraus. Schon die ehemaligen Champions 1. FFC Frankfurt und Turbine Potsdam können mit ihren Etats von 1,5 bis 2 Millionen Euro nicht Schritt halten. Ein Verein wie die SG Essen-Schönebeck plant mit gut 600.000 Euro. Der monetäre Vorteil des VfL ist die Grundlage allen Erfolgs.

Es finden sich aber auch noch andere Gründe. Etwa das Renommee. Gute Spielerinnen wollen Titel gewinnen. Durch mehr TV-Zeit können sich die Spielerinnen leichter für mögliche Werbeverträge interessant machen.

Und dann ist da die Kontinuität: Bei den Männern kamen und gingen die Cheftrainer, bei den Frauen setzen sie auf Beständigkeit. Ralf Kellermann hat einen enormen Anteil am Erfolg der „Wölfinnen“. Von 2008 bis zum Sommer 2017 gewann der Trainer zweimal die Champions League, dreimal die Meisterschaft und viermal den DFB-Pokal. Nach seinem Wechsel auf den Sportdirektor-Posten stiegt Co-Trainer Stephan Lerch zum Chef auf – und gewann mit dem Team gleich mal das Double.

Spielerinnen aus Deutschland, Polen, Schweden, Island, Norwegen, Ungarn, Dänemark, USA, Belgien, Portugal und der Schweiz bilden auf dem Rasen eine Einheit. Da VW nicht vorhat, wegen des Dieselskandals sein Engagement bei den Frauen erheblich zurückzufahren, sind weitere Erfolge des VfL absehbar. Von einer solchen Perspektive können die VfL-Männer nur träumen.

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