: id22: Institut für kreative Nachhaltigkeit
„Alle Menschen sind kreativ“. Bei id22 geht es darum, die Gestaltung des Lebensraums Berlins durch die BewohnerInnen der Stadt voranzutreiben
■ Filmstart des Dokumentarfilms „Voices of Transition“ (Nils Aguilar, F/D 2012) zum Welternährungstag am Dienstag, dem 16. Oktober 2012, um 20 Uhr im Moviemento, Kottbusser Damm 22.
■ Der Film geht den Fragen nach, wie wir in Zukunft die Welt ernähren können und welche Alternativen es zur konventionellen Landwirtschaft gibt. Mit Beispielen des sozialökologischen Wandels aus England, Frankreich und Kuba.
Michael LaFond hat eine eigene Definition von Nachhaltigkeit. „Nachhaltigkeit bedeutet Recht auf Selbstorganisation und Mitgestaltung“, sagt der Gründer des Vereins id22: Institut für kreative Nachhaltigkeit. Die ökologische Seite des Begriffs sei nicht alles. Wichtiger als grüner Konsum und saubere Technologie sei es, seinen Lebensraum mit allen dazugehörenden Bereichen mit anderen gemeinsam gestalten zu können. Wie wollen wir leben? Wie wohnen? Mit wem zusammenarbeiten? Wer versucht, solche Fragen auf sein Leben anzuwenden und zu beantworten, der erreicht wirkliche Lebensqualität und tut etwas für sich und seine Umwelt, ist die Idee des Vereins. „Wir wollen das gute Leben für alle, selbstbestimmt“, sagt LaFond.
Die Gestaltung des Lebensraums Berlins durch die BewohnerInnen der Stadt voranzutreiben, darum geht es bei id22. Frei nach dem Statement „Alle Menschen sind kreativ“ des deutschen Künstlers Joseph Beuys unterstützt der Verein alternative Wohn- und Kulturprojekte in Berlin. Er kümmert sich um die Vernetzung alternativer Projekte und interessierter Menschen, arbeitet mit verschiedenen Akteuren auf lokaler und internationaler Ebene zusammen und propagiert seine Idee einer Kultur der nachhaltigen Stadtentwicklung. Regelmäßig publiziert der Verein zu dem Thema und führt Bildungsaktionen und Veranstaltungen durch.
Ins Leben gerufen wurde die Idee zu id22 im Jahr 2000 von LaFond gemeinsam mit AktivistInnen des internationalen Kulturzentrums ufaFabrik Berlin in Tempelhof. Anlass war das 22-jährige Jubiläum des Festivals „Umdenken Umschwenken“, bei dem sich 1978 in Westberlin zahlreiche Menschen trafen, um sechs Wochen lang über alternative Lebensweisen zu diskutieren. Aus dem Festival ging damals unter anderem die ufaFabrik hervor. Mit dem id22 Festival „für Kultur, Ökologie, Gemeinschaft“ wollten LaFond und das Team Bilanz dessen ziehen, was seitdem passiert war, welche Ideen in die Tat umgesetzt wurden und welche Utopien blieben. Aus dem Festival entstand ein Projektbüro, 2004 wurde dann der Verein gegründet.
Seitdem arbeitet id22 daran, die Möglichkeiten der Einwohner Berlins, sich an der Entwicklung der Stadt zu beteiligen, zu verbessern. Wie LaFond sagt, sei es notwendig, dass sich Demokratie dahin entwickle, den Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre Umwelt mitzugestalten. Anstatt nun aber auf die Politik zu warten, versucht der Verein, eine Mitgestaltung von unten zu ermöglichen. So unterstützt id22 selbst organisierte, gemeinschaftliche und nachhaltige Wohnprojekte. Diese seien „Feldlabore“ und oft auch Pionierprojekte für nachhaltiges Leben, gerade weil die Menschen dort über alles mitentscheiden könnten. In Berlin vermittelte der Verein vielen Projekten neue MitstreiterInnen und Kontakte zu Stiftungen. Zudem ging 2007 die Plattform Wohnportal online, in der 200 Projekte aus Berlin und Brandenburg aufgelistet sind.
Die Unterstützung alternativer Projekte ist aber nicht alles, womit id22 versucht, die Idee einer Kultur der nachhaltigen Stadtentwicklung zu stärken. Seit 2003 organisiert der Verein jedes Jahr die Konferenz „Experimentdays“. Hier haben Projekte, Banken und Stiftungen die Möglichkeit, sich in einer Projektbörse vorzustellen. Mehr als 2.000 Interessierte nahmen an den Aktionen Teil, berichtet LaFond. Mit dabei waren unter anderem das Netzwerk „Mietshäuser Syndikat“ sowie die Stiftungen trias und Edith Maryon. Auch die Initiative „Stadt Neudenken“ war beteiligt, die seit dem Sommer 2011 für eine alternative Liegenschaftspolitik in Berlin kämpft.
Über die Experimentdays hinaus organisiert id22 Stadtführungen zu verschiedenen Alternativprojekten und veröffentlicht Broschüren und Bücher zum Thema Nachhaltigkeit. Im September erschien das Handbuch „CoHousing Cultures“, in dem Wohnprojekte aus Europa vorgestellt werden. Zurzeit bereitet sich der Verein auf die Internationale Bauausstellung (IBA) vor, die 2020 in Berlin stattfinden soll. „Eine DIY-IBA, vielleicht besser noch eine DIT-IBA wäre eine gute Chance, Ideen der Selbstorganisation weiter voranzutreiben“, sagt LaFond.
Wer id22 unterstützen möchte, kann das Buch „CoHousing Cultures“ erwerben, sich auf der Onlineplattform des Vereins anmelden oder bei einer Stadtführung mitmachen. „Together we are strong“, sagt der Stadtaktivist LaFond. LUKAS DUBRO
■ Im Netz: www.id22.net & co-housing-cultures.net