: Billig wohnen nicht ganz billig
WOHNUNGSBAU Degewo-Chef Frank Bielka verlangt ein neues Förderprogramm für den Bau von Sozialwohnungen. Grüne und CDU stimmen zu. Nur die SPD tut sich noch schwer
ELLEN HAUSSDÖRFER, SPD
VON UWE RADA
In der Debatte über die Neubaupolitik des Senats wird der Ruf nach einer neuen Wohnungsbauförderung laut. „Wenn Sie als Land Wohnungen für die breite Masse der Wohnungssuchenden wollen, müssen Sie eine Miete von 6 Euro hinkriegen“, sagte der Vorstand der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Degewo, Frank Bielka, im taz-Interview. „Das geht nicht ohne eine neue Subventionierung.“ Wenn der Senat wirklich Mieten in dieser Preisklasse wolle, so Bielka, „dann wird das Geld kosten“.
Frank Bielka, vor seinem Job bei der Degewo unter anderen Staatssekretär in der Stadtentwicklungs- und Finanzverwaltung, verweist auf Hamburg. In dem Stadtstaat an der Elbe gibt die SPD-Alleinregierung jährlich 100 Millionen Euro an Fördermitteln aus. Damit sollen 2.000 neue Sozialwohnungen gebaut werden. 1.200 von ihnen sollen zum Preis von 5,90 Euro „netto kalt“ pro Quadratmeter vermietet werden. In Berlin dagegen hat Rot-Rot 2002 die sogenannte Anschlussförderung im sozialen Wohnungsbau gestoppt – und das alte System des sozialen Wohnungsbaus beerdigt.
Ein Zurück zur Subventionierung von Investoren will auch Bielka nicht. „Man muss nicht dieses Irrsinnssystem aus den 70er Jahren reaktivieren“, kommentierte er die alte Förderpraxis, die eher Anreize schuf, teuer zu bauen statt günstig. „Aber es gäbe zum Beispiel die Möglichkeit, bei einem Neubau einen Teil der Wohnungen mit Belegungsrechten für die Bezirke zu fordern – und zu fördern.“
Ähnlich sehen das die Grünen, die für Berlin wie in Hamburg jährlich 100 Millionen Euro ausgeben wollen. „Bei Neubauten könnte ein Drittel der Wohnungen als Sozialwohnungen entstehen“, regt Wohnungspolitiker Andreas Otto an. Otto plädierte auch dafür, vor allem den Neubau der sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zu fördern. „Wenn Private bauen, ist das Geld nach dem Ablauf der Förderung weg“, so Otto. „Bei den landeseigenen Gesellschaften würden die Wohnungen im Besitz des Landes bleiben.“
Auch die CDU will wieder Geld in die Hand nehmen, um den Bau von Wohnungen zu fördern. „Im nächsten Doppelhaushalt müssen wir dafür die Weichen stellen“, sagte der wohnungspolitische Sprecher Matthias Brauner der taz. Brauner spricht von einem „guten zweistelligen Millionenbetrag“. Allerdings müsse man sich darauf einstellen, dass es dann auch „signifikante Verteilungskämpfe“ gebe. Anders als die Grünen wollen, sollen auch private Investoren zum Zuge kommen.
Schwer tut sich die SPD mit dem Thema. Bereits bei den Koalitionsverhandlungen verhinderten die Sozialdemokraten, dass die Neubauförderung in den Koalitionsvertrag kommt. Entsprechend vorsichtig formuliert die Stadtentwicklungspolitikerin Ellen Haußdörfer die Haltung ihrer Partei. „Ich will nicht ausschließen, dass es irgendwann zu einer Förderung kommt“, sagt sie. „Zuerst aber müssen wir die Chancen und Risiken eruieren.“ Wie Grüne und CDU orientiert sich auch die SPD am Hamburger Modell.
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