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Archiv-Artikel

„Königlichen Geblütes bis in die Fingerspitzen“

KAMBODSCHA Exkönig Sihanouk überlebte Vietnamkrieg, Putsch und die Roten Khmer

Mehr als eine Million Kambodschaner starben unter den Roten Khmer 1975 bis 1979

BERLIN taz | „Obwohl ich das einfache kambodschanische Volk liebe und mich bei ihm zu Hause fühle, kann ich doch niemals dem Bewusstsein entfliehen, dass ich bis in die Fingerspitzen königlichen Geblütes bin“, sagte Norodom Sihanouk einmal.

Kambodschas Exkönig ist am Montag 89-jährig in Peking gestorben. Intelligent, lebenslustig und skrupellos, spiegelt sein Leben die tragische Geschichte seiner Heimat zwischen Kolonialzeit und dem Ende des Ost-West-Konflikts wider.

Als Südostasien im vergangenen Jahrhundert zum Schauplatz des Machtkampfes zwischen China, der Sowjetunion und den USA geworden war, geriet „der kleine König“ ins Zentrum der internationalen Politik: 1941, drei Tage vor seinem 19. Geburtstag, hatten die französischen Kolonialherren den Knaben auf den Thron in Phnom Penh gehoben. 1954 erreichte er die Unabhängigkeit. Seine autoritäre Regierungszeit zwischen 1955 und 1970 gilt vielen Kambodschanern heute als goldene Periode des Friedens: Er tat alles dafür, Kambodscha aus dem Vietnamkrieg herauszuhalten. Derweil blühte die Korruption am Hofe: Das Land verarmte, Sihanouk gab rauschende Feste. Kritiker ließ er hinrichten. Bald flüchtete er sich immer stärker in seine Hobbys: Er drehte Spielfilme, komponierte Schlager und liebte, wie er gern berichtete, sehr viele Frauen.

1970 wurde Sihanouk durch einen – vom amerikanischen Geheimdienst CIA unterstützten – Coup gestürzt. Es war die Zeit der brutalen Flächenbombardements der Amerikaner über Kambodscha. Damals schlossen sich viele Bewohner den kommunistischen Roten Khmer an, die 1975 schließlich Phnom Penh eroberten.

Sihanouk hatte inzwischen in Nordkorea und China Asyl gefunden. „Was bei meinen Freunden aus den kommunistischen und sozialistischen Gesellschaften, den erfolgreichen und alternden Führern, paradox erschien, war ihr Hang zum Luxus“, schrieb er später. Deshalb habe er seine Furcht vor dem Kommunismus „etwas verloren“. 1975 holten ihn die Roten Khmer nach Kambodscha zurück. Als deren Gefangener überlebte er im Königspalast, bis die Vietnamesen 1979 einmarschierten. 5 seiner 14 Kinder kamen in dieser Zeit um, über eine Million Kambodschaner starben.

Trotzdem verbündete sich Sihanouk ab Anfang der achtziger Jahre unter dem Druck Chinas und der USA wieder mit den Roten Khmer gegen Vietnam. Nach den Pariser Friedensverträgen kehrte er 1990 nach Phnom Penh zurück. Die Probleme begannen sofort. Als die exkommunistische Kambodschanische Volkspartei bei der UNO-Wahl 1993 verlor, weigerte sich der damalige Regierungschef Hun Sen, die Macht abzugeben. Hun Sen ist bis heute im Amt. 2004 dankte Sihanouk zugunsten seines Sohnes Norodom Sihamoni ab. Sein Leichnam wird nun in die Heimat überführt. JUTTA LIETSCH

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