: Limbachkommission statt Umzugslaster
NS-KUNSTRAUB In den Streit um die Grosz-Bilder der Bremer Kunsthalle kommt endlich Bewegung
Eindeutige Faktenlagen sind bei Auseinandersetzungen über „verfolgungsbedingt entzogenes jüdisches Kulturgut“ zumeist Mangelware. Seit sieben Jahren schwelt deswegen der Streit zwischen der Bremer Kunsthalle auf der einen und den Erben von George Grosz auf der anderen Seite, zu dem jetzt erstmals der Bremer Senat Stellung genommen hat. Auf Grund einer großen parlamentarischen Anfrage der Linksfraktion erklärte die Regierung, eine Entscheidung über die Rückgabe der Grosz-Bilder „Pompe Funèbre“ und „Stillleben mit Okarina und Muschel“ sei noch nicht abschließend geklärt, „eine Auflösung der Probleme wünschenswert“.
Es mag überraschen, dass diese zurückhaltende Äußerung einen Fortschritt darstellt. In dem bislang quasi privat ausgetragenen Streit zwischen Erben und der von einem Verein getragenen Kunsthalle – ein Unikum in dieser Liga von Museen – gab es jahrelang kein Vor und Zurück. Für die Kunsthalle galt die Rückgabe als ausgeschlossen. Die provokante Ankündigung der Erben, eine Spedition zum Abholen der Gemälde vorbei zu schicken, machte das Verhandlungsklima nicht besser.
In dieser verfahrenen Situation ist die Ankündigung des Senats von Bedeutung, gegebenenfalls „empfehlen“ zu wollen, die beratende Kommission anzurufen. Diese so genannte Limbach-Kommission, benannt nach der früheren Verfassungsrichterin, ist die höchste Instanz in Restitutions-Streitigkeiten. Ihre Entscheidungen sind juristisch nicht verbindlich, aber schwer zu missachten.
Klar ist, dass Grosz 1933 in die USA floh und seine Bilder dem später ebenfalls emigrierenden Galeristen Alfred Flechtheim in Kommission gab. Ob die daraufhin einsetzende Besitzerwechsel-Kette bis hin zur Kunsthalle – und zahlreichen anderen großen Museen – als „verfolgungsbedingt“ bezeichnet werden kann, soll nun durch weitere Expertisen geklärt werden. HENNING BLEYL