: Allen stinkt’s gewaltig
Gegen den geplanten Biomüll-Umschlagplatz des Entsorgungsunternehmens Remondis gab es Widerstand in Woltmershausen, Oslebshausen und Gröpelingen. Nun soll die Blockland-Deponie im Gespräch sein, was wiederum den Beirat Walle alarmiert. Die Zeit drängt, denn ab dem 1. Juli muss der Müll irgendwo hin
Petition gegen das Biomüll-Zwischenlager in Oslebshausen
Von Simone Schnase
Die Debatte um einen Umschlagplatz für den Bremer Biomüll nimmt kein Ende. Obwohl der schon ab dem 1. Juli nicht mehr vom Bremer Unternehmen Nehlsen abgeholt und verwertet wird, sondern vom Müllbranchen-Riesen Remondis, ist noch immer nicht klar, wo der die „Müll-Station“ ansiedeln wird. Das Unternehmen wird den Biomüll künftig nicht mehr in die Blockland-Deponie, sondern rund 120 Kilometer entfernt ins Osnabrücker Land karren. Nach diversen Plänen für einen Zwischenlager-Standort, die allesamt auf Widerstand gestoßen sind, ist nun ausgerechnet wieder die Blockland-Deponie im Gespräch.
Rund 25.000 Tonnen Bremer Biomüll pro Jahr werden ab Juli auf Lastwagen nach Bohmte bei Osnabrück transportiert und erst dort verwertet. Bisher war das Unternehmen Nehlsen Partner der Stadt bei der Entsorgung des Bioabfalls und verarbeitet diesen vor Ort auf der Blockland-Deponie, doch Remondis hatte im vergangenen Jahr bei der Neuausschreibung der Dienstleistung den Zuschlag bekommen. Der Grund: Das Unternehmen arbeitet preisgünstiger als Nehlsen.
„Damit ist der Senat zwar dem Marktmechanismus gefolgt, aber unter ökologischen Aspekten darf das nicht der Anspruch sein“, sagte dazu nicht nur der Linken-Bürgerschaftsabgeordnete Nelson Janßen. Selbst in die NDR-Satiresendung „Extra 3“ hat es die fragwürdige Zukunft des Bremer Biomülls geschafft.
Der Kritik schließt sich auch Wolfgang Golinski (SPD), Beiratssprecher in Walle, an. „Aber daran lässt sich ja nun leider nichts mehr ändern.“ Golinski spricht vom „Biomüll-Wanderpokal“ und hat damit nicht ganz unrecht: Denn die laut Remondis „eingehauste Umschlagstation“ darf wegen emissionsrechtlicher Vorgaben nur in einem entsprechend qualifizierten Gewerbegebiet entstehen.
Ausgewählt hatte Remondis Woltmershausen, genauer gesagt das Gewerbegebiet an der Barkhausenstraße. Bloß: Niemand der Woltmershauser wollte Biomüll vor seiner Tür. AnwohnerInnen und der Beirat wehrten sich heftig gegen die Pläne – mit Erfolg: Remondis zog seinen Genehmigungsantrag zurück. Und fand ein neues Areal, diesmal im Bereich der Industriehäfen in Oslebshausen.
Aber auch hier will niemand den Umschlagplatz. „Mit den Stahlwerken, dem Hafenkraftwerk, der bereits beschlossenen Müllverbrennungsanlage für Klärschlämme und dem massiven Verkehrsaufkommen aus Hafen, Hafenrandstrasse, Autobahn und Güterverkehr haben Gröpelingen und im besonderen Oslebshausen bereits viele Umweltbelastungen. Wir erwarten, dass ein Standort gefunden wird, der nicht nur die Bewohner Oslebshausens nicht weiter belastet, sondern auch andere Bremer und Nicht-Bremer nicht belastet“, heißt es dazu in einer Petition gegen das Lager in Oslebshausen.
Der zuständige Gröpelinger Beirat, Oslebshauser AnwohnerInnen und auch am Industriehafen angesiedelte Wirtschaftsbetriebe stellen sich massiv gegen die Pläne. Rund 200 AnwohnerInnen besuchten vor zehn Tagen die Beiratssitzung in Gröpelingen und forderten: Remondis soll den Biomüll auf dem Grundstück am Fahrwiesendamm verladen, auf dem er auch bisher weiterverarbeitet wird – also auf der Blockland-Deponie.
„Remondis und Nehlsen sprechen miteinander und Staatsrat Ronny Meyer hat durchaus auch Einfluss darauf genommen, dass sie das tun“, sagt dazu Jens Tittmann, Sprecher des Umweltsenators. Mehr könne man zur Zeit aber nicht dazu sagen – auch nicht, ob der Beirat Walle eingeschaltet werden muss: „Das hängt ja davon ab, was bei den Gesprächen herauskommt“, sagt Tittmann.
Golinski ist alarmiert, auch wenn er die Meinung teilt, dass der Standort Blockland von vornherein der beste Platz für den Müllumschlag von Remondis gewesen wäre. „Sollte Remondis die bestehende Anlage auf der Blockland-Deponie nutzen, ist auch alles okay, aber sobald da erweitert werden soll, muss es darüber eine fundierte Diskussion unter Beteiligung des Beirats geben.“
Remondis-Sprecher Michael Schneider sagt gegenüber der taz: „Zur Standortfrage werden wir uns bis auf Weiteres nicht mehr äußern“ – und auch Nehlsen sagt lediglich, Gespräche seien avisiert, aber „zum jetzigen Zeitpunkt können wir keine weiteren Aussagen geben.“
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