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heute in hamburg„Hamburgs Radnetz ist ein Flickenteppich“

Foto: privat

Philipp Bitting, 34, ist seit November 2017 Sprecher der Initiative „Radentscheid Hamburg“ .

Interview Cara Westerkamp

taz: Herr Bitting, würden Sie Ihr Kind alleine mit dem Fahrrad ins Gymnasium Allee fahren lassen?

Philipp Bitting: Das würde ich gern, könnte ich aber nicht.

Warum?

In der Theorie sollten in der Max-Brauer-Allee nur Busse und Taxen auf der rechten Spur fahren, nicht schneller als 50 Kilometer pro Stunde. Aber de facto ist es so, dass dort auch Autos auf die Spur wechseln und teilweise sehr schnell fahren. Wenn man Hamburg betrachtet, herrschen auf dieser Straße für Radfahrer die schlechtesten Bedingungen.

Was fordern Sie?

Sichere Radwege. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder einen breiten Radfahrstreifen, ohne physische Abtrennung zur Straße. Dann muss die Geschwindigkeit allerdings auf 30 Kilometer pro Stunde reduziert werden. Oder einen Schutz zwischen Radweg und Straße. Auf Englisch nennt man das „Protected Bike Lane“, geschützte Radfahrspuren. Dann ist es auch okay, wenn der Verkehr mit 50 Kilometern pro Stunde fließt.

Um das zu erreichen, bilden Sie eine Menschenkette. Warum?

Da es keinen physischen Schutz gibt, werden wir uns dort hinstellen, als menschliche Poller, als Symbol für unsere Forderungen.

Sie protestieren auch gegen Luftverschmutzung. Was ist denn gefährlicher, schnelle Autos oder deren Abgase?

Die schnellen Autos sind das größere Problem. Aber Abgase sind natürlich auch eines.

Und da soll ein abgetrennter Radweg helfen?

Indirekt schon. Man kann zum Überholen auf „Protected Bike Lanes“ nicht einfach die Spur wechseln, weil es eine Barriere gibt. Deshalb müssten die neuen Radwege breiter sein. Das bedeutet, es würde Platz für den Autoverkehr wegfallen. Weniger Autos, weniger Abgase.

Müsste das Radnetz in ganz Hamburg ausgebaut werden?

Bisher ist es ein Flickenteppich. Hier mal drei Meter Radweg, da mal gar keiner. Hamburg will Fahrradstadt werden, aber das passiert langsam und so, dass niemandem wehgetan wird. Vor allem nicht den Autofahrern. Wir können nicht einfach zusehen und warten.

Was passiert nach der heutigen Aktion?

So eine Protestaktion machen wir jetzt jeden Monat. Unser Plan ist es, einen Radentscheid durch Unterschriften herbeizuführen, sodass die Politik gezwungen wird, zu handeln.

Protestaktion der Initiative „Radentscheid Hamburg“ für sichere Fahrradwege, 7.30 Uhr vor dem Gymnasium Allee in der Max-Brauer-Allee

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