: SPRACHRÄUME
Mit wallender Lockenperücke und flatterndem Hemd klettert Hans-Christoph Michel als Alceste durch die Requisiten und erörtert en passant seinen Wunsch nach mehr Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit. Er ist „Der Menschenfeind“ oder „ein verliebter Melancholiker“, wie eine andere Übersetzung der Komödie von Molière vorschlägt, und lässt sich in diesem Solo-Stück über die erzürnten Reaktionen seiner Mitmenschen aus. Warum ein schlechtes Gedicht loben, wenn es doch nicht genügt? Höfliche und höfische Gepflogenheiten, die heucheln, schmeicheln und flirten, will der Misanthrop durch das ungeschminkte ehrliche Wort ersetzen und neue Beziehungen etablieren. Ein Vorhaben, das schon im 16. Jahrhundert zum Scheitern verurteilt war und auch heute nicht mehr Anhänger zählen kann. Einen „Gefällt mir nicht“-Knopf sucht man noch immer vergeblich. Sa, 20. 10, Mi, 24. 10., Do, 25. 10., jeweils 20 Uhr, Monsun Theater, Friedensallee 20
Einen weiteren klassischen, aber um einiges jüngeren Stoff hat sich Wolf-Dietrich Sprenger vorgenommen. Er lässt „Die Nashörner“ über die Bühne trampeln, erst eins, dann zwei und bald wachsen fast allen Spielenden Beulen mitten im Gesicht und die Verwandlung beginnt. Nur Behringer bleibt menschlich, allein zurück und einer schnaubenden Horde ausgesetzt. Das absurde Theaterstück des französisch-rumänischen Autors Eugène Ionesco wurde 1957 erstmals aufgeführt und stellt sich der Frage, ob und wie der Mensch sich der Vereinnahmung durch ein totalitäres Regimes entziehen kann oder ob der Sog des Mitlaufens stärker ist. Behringer, so viel sei hier verraten, hält tapfer aus und bleibt Mensch. Sa, 20. 10. bis Sa, 27. 10., jeweils 19.30 Uhr, außer So, 21. 10., 19 Uhr, Ernst Deutsch Theater, Friedrich-Schütter-Platz 1
Theater, hier die dokumentarische Version und die Macht des laut gesprochenen Wortes nutzen die Macher der Bühne für Menschenrechte, um Menschen vorzustellen, die sonst in der Versenkung verschwinden oder nur als Opfer oder Schmarotzer besprochen werden. In der ersten Produktion der Berliner Wanderbühne „Asyl-Monologe“ stellen Schauspieler die Geschichten von Ali, Felleke und Safiye vor, die stark, unerschrocken und auch mal lethargisch ihren Weg suchen – und trotz restriktiver deutscher Asylpolitik finden. Ein Weg, der nicht immer selbstbestimmt ist, keiner, den sie sich erträumt haben, aber einer, auf dem sie Menschen mit Stärken und Schwächen sind, Entscheidungen treffen und auch auf Solidarität bauen wollen. Di, 23. 10., 20 Uhr, Polittbüro, Steindamm 45 KENDRA ECKHORST