berliner szenen
: Wie unendlich alt das ist

Wer Kinder in Berlin hat, weiß, dass es gerade im Winter oft schwierig ist, sie an die frische Luft zu bekommen. An langen, kalten Winterwochenenden geht das nur mit Belohnungsanreizen: „Spiel doch draußen ein bisschen Basketball. Ich mach in der Zeit Pizza und dann gucken wir einen Film.“ Das Kind ist ausgeglichener, das Essen schmeckt beiden, und er beschwert sich dann auch nicht über meine Filmauswahl. Letzten Sonntag gab es „Lola rennt“. Ich weiß noch genau, wo ich den Film im Kino gesehen habe, neulich.

Wer Kinder hat, nicht nur in Berlin, merkt mit ihnen auch, wie schnell Zeit vergeht. So geht es mir, als wir gemeinsam „Lola rennt“ schauen. Denn der Film beginnt in einer Telefonzelle (!), aus der Manni mit einer Telefonkarte (!) seine Freundin Lola anruft. Weil sie ihn nicht mit dem Moped abgeholt hat, musste er die U-Bahn nehmen. Da hat er die Tüte mit den 100.000 DM (!) stehen lassen, die er für einen Drogendeal… egal.

„Was ist das für eine Karte?“, fragt das Kind interessiert. Ich erkläre das Prinzip. Wir schauen zu, wie Lola durch Berlin rennt, und versuchen gemeinsam herauszufinden, wo sie jeweils gerade ist. Berlin-Mitte sieht sehr fremd aus, auf der Friedrichstraße gibt es kaum Läden und Menschen. Das Kind findet den Film spannend, besonders Variante 3 (in der ersten stirbt Lola, in der zweiten Manni, in der dritten bekommen sie das Geld zurück und Lola gewinnt noch mal 100.000 D-Mark im Casino).

„Doof, dass die keine Handys hatten damals“, sagt das Kind, „sonst hätte Lola einfach gewhatsappt, dass ihr Moped geklaut wurde und sie später kommt. Dann hätte Manni nicht das Geld in der U-Bahn verloren. Und die wären auch nicht gestorben.“

Wie unendlich alt dieser Film ist, den ich doch gerade erst im Kino gesehen hatte! Und ich erst. Gaby Coldewey