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Anzug tragen gegen doppelten Mief

In der Galerie Mitte zeigt die deutsch-kenianische Künstlerin Syowia Kyambi die Verschränktheiten afrikanischer und westlicher Kultur – und die lokalen Versuche, sich beidem zugleich zu verweigern

Von Radek Krolczyk

Aus Spiegeln und Bekleidung hat die deutsch-kenianische Künstlerin Syowia Kyambi eine begehbare Installation in der Galerie Mitte gebaut. Es ist ein Parcours, in dem die Besucher mit dem Fremden und dem Eigenen konfrontiert werden. An Nylonfäden hat sie einzelne Kleidungsstücke gehängt.

Kyambi erzählt mithilfe dieser Textilien eine Geschichte, die von Kenia, dann aber auch vom Westen handelt. Diese Beziehung wurde dem afrikanischen Land ab dem späten 19. Jahrhundert durch die koloniale Herrschaft aufgezwungen. Auch seit der Unabhängigkeit seit 1962 ist der Bezug auf den Westen da, sei er positiv oder negativ.

Diese Verschränktheit zeigt sich etwa an der Kleidung. In Kyambis Ausstellung begegnet man einem recht einfachen Männeranzug. Ein Exemplar findet sich in ihrem Parcours, zwei weitere sind wie Bilder an Brettern an der Wand angebracht. Der khakifarbene Anzug ist aus leichten Stoffen gemacht, das Oberteil hat kurze Ärmel.

Benannt wurde der Anzug nach dem ersten Präsidenten Sambias, Kenneth Kaunda. Er wurde von mehreren afrikanischen Präsidenten getragen, darunter auch dem kenianischen, Jomo Kenyatta. Der Kaunda-Anzug wendet sich zugleich gegen Kolonialismus und gegen traditionelle afrikanische Stammeskulturen.

Die auf Bretter montierten Anzüge sind auf die Jahre 1964 und 2017 datiert. Beide scheinen identisch zu sein. In der Spanne der Jahreszahlen zeigt sich, wie universell der Dress geworden ist. „Nach den Politikern haben ihn Geschäftsleute getragen. Heute sieht man ihn auch bei Busfahrern“, erzählt die Künstlerin, „auch wenn sie immer ähnlich aussehen, ist es nahezu unmöglich, zwei wirklich identische Suits zu finden. Auch die Qualität und der Preis variieren stark.“

Daneben hängen typische kenianische Kleider von Geschäftsfrauen und Angestellten im Raum. Es sind Figuren ohne Kopf, aber mit passenden Schuhen. Sie sind gesichtslose Prototypen. Die Besucher der Ausstellung können sich unter sie mischen und einander in den doppelseitigen Spiegeln begutachten.

Die Spiegel zwischen den Klei­derfiguren hängen so, dass sie zum Voyeurismus einladen. Man sieht nicht unbedingt sich selbst, aber andere Personen. Zu diesem Strang der Geschichte passt die Unterwäsche, die Syowia Kyambi ebenfalls in den Raum gehängt hat.

Die Frage nach kultureller Herkunft stellt sich auch bei der Kunst. Ein Anzug in der Kunst erinnert an den Filzanzug von Joseph Beuys. Ebenso wie die schwarzen Körperabdrücke Kyambis in der Ausstellung an Yves Klein erinnern. Ein Missverständnis westlicher Kunstbetrachter: denn die Praxis der Bodyprints kommt aus der afrikanischen Kunst.

Es ist nicht das erste Mal, dass die 1979 geborene Künstlerin in Bremen ausstellt. 2016 war sie mit einer Arbeit in der Städtischen Galerie zu sehen, in der sie sich mit dem kolonialen Erbe Bremens auseinandersetzte. Teil der Arbeit war eine Performance, bei der Kyambi nach dem Vorbild eines traditionellen kenianischen Kleides ein 14 Meter langes Kleid trug, auf dem Dokumente aus der Kolonialzeit gedruckt waren. Mit diesem umständlichen Kleidungsstück machte sich die Künstlerin auf den Weg – vom Überseemuseum in die Neustadt.

„Syowia Kyambi – Double Consciousness“: bis zum 6. April, Galerie Mitte

Der Autor ist Betreiber der Galerie K’in Bremen

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