berliner szenen: Nur 14 Stationen mit der U9
Im Sommer steht der Wechsel auf die weiterführende Schule an. Der Druck ist hoch, die Nerven angespannt. Die Mitschüler verbringen die Wochenenden bei Tagen der offenen Tür. Wir nicht, denn das Kind hat Französisch als erste Fremdsprache.
Die Auswahl an weiterführenden Schulen mit Französisch ist in unserer Gegend – nun ja, begrenzt. So begrenzt, dass wir Französisch-Eltern uns schon untereinander austauschen, welche drei Wunschschulen wir überhaupt angeben sollen. Denn eigentlich kommen aktuell nur zwei infrage. Eine ist keine 500 Meter von uns entfernt. Zur anderen sind es knapp 40 Minuten mit S-Bahn und Fußmarsch. Und dann gab es noch eine dritte, per Bahn gut erreichbar, nicht zu weit. Dort waren wir beim Tag der offenen Tür – um zu erfahren, dass man just in diesem Schuljahr das Französisch-Angebot mangels Nachfrage abgeschafft hatte. Leider hatte man das nicht nach außen kommuniziert, weswegen wir umsonst dorthin gefahren waren.
„Ich geh nicht auf die Schule hier im Kiez. Da sind doch alle aus meiner Grundschule. Ich will auch mal neue Leute kennen lernen“, nörgelt das Kind. „Welche drei Schulen schlägst du denn vor?“, versuche ich es kooperativ. Keine Antwort. Ich habe schon recherchiert: Unter 45 Minuten Schulweg gibt es keine. Angeblich kein Problem. „Dann fahren wir morgen Nachmittag mal nach Schöneberg, da gibt’s auch eine mit Französisch“, ordne ich an. „Wie kommen wir da hin?“, will das Kind wissen. „Mit dem Bus zur Osloer Straße und dann 14 Stationen mit der U9“, sage ich.
Das Kind ist alarmiert, jetzt begreift er den Ernst der Lage: „Kannste knicken, Monsterbacke. Ich fahr doch nicht jeden Morgen U-Bahn, das ist ja voll der Horror. Und schon gar nicht ganz alleine.“ Mit dem Schulthema wären wir also durch. Hoffe ich. Gaby Coldewey
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