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Archiv-Artikel

Oppositionelle in der Regierung

„Mit Hubert Ulrich kehrt das Grauen in die Politik zurück“, lästerte Simone Peter im Jahr 2000 über den heutigen Grünen- Vorsitzenden

Simone Peter redete Klartext. „Mit Hubert Ulrich kehrt das Grauen in die Politik zurück“, konstatierte sie im Juni 2000. Damals saß die Biologiestudentin im Vorstand der Grünen im Saarland und versuchte mit allen Mitteln, das Comeback des heutigen Parteivorsitzenden zu verhindern. Sie hatte zuvor daran gearbeitet, eine Affäre aufzuklären, die die Grünen damals jahrelang beschäftigte – den Skandal um mutmaßlich frisierte Mitgliederlisten des Ortsvereins Saarlouis, dem Ulrich vorsteht.

Ulrichs Rückkehr an die Spitze der Partei konnten Peter und ihre MitstreiterInnen nicht verhindern. Nach dieser Niederlage zog sich Peter aus der aktiven Politik zurück, blieb aber Parteimitglied.

Jetzt taucht die promovierte Naturwissenschaftlerin aus Saarbrücken aus der Versenkung auf – als Kandidatin der Grünen Saar für das Umweltministerium im zukünftigen Jamaika-Kabinett von Ministerpräsident Peter Müller (CDU). Die Personalie ist eine Überraschung. Vorgeschlagen ausgerechnet von ihrem früheren Intimfeind Hubert Ulrich – in der Nacht vor Halloween.

Peter baute in Berlin die renommierte Agentur für erneuerbare Energien mit auf und ist dort Projektleiterin. Daran, dass die 43-Jährige das ihr angetragene Amt auch annimmt, ließ sie im Gespräch mit der taz keine Zweifel aufkommen. Denn mit der Zuständigkeit auch für den gesamten Energiebereich, den Verkehr und die Raumordnung biete dieses Ministerium doch „exorbitante Gestaltungsmöglichkeiten“, sagte sie. Jetzt muss die nächste Delegiertenversammlung der Grünen sie bestätigen – was nach der Empfehlung Ulrichs wahrscheinlich ist. Wenn der Landtag Peter Müller ins Amt wählt, könnte sie dann ins Kabinett aufrücken.

Und die alte Feindschaft mit Ulrich? „Fast zehn Jahre her und Schnee von gestern“, sagt Simone Peter heute. Schon ihre sozialdemokratische Mutter war Landesministerin an der Saar – unter einem Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine. Bis zuletzt hatte sie sich für Rot-Rot-Grün im Saarland starkgemacht; auch in ihrem Ortsverband Saarbrücken stimmten die meisten Grünen gegen Jamaika. Jetzt hat Ulrich die allgemein beliebte und eloquente Parteilinke mit in die Koalition geholt. Sicher sein größter strategischer Coup.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT