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Archiv-Artikel

„Das geht jetzt erst richtig los“

Ein linker Theoretiker erklärt die Krise

Karl Heinz Roth, 66

■ Arzt und Historiker, leitet die Bremer Stiftung für Sozialgeschichte. F: VSA-Verlag

taz: Ist die Krise jetzt vorbei?

Karl Heinz Roth: Nein, die Krise ist keineswegs ausgestanden. Es ist vielmehr relativ wahrscheinlich, dass ein langjähriger Depressionsprozess bevorsteht.

Die Konjunkturindikatoren zeigen doch schon wieder nach oben.

Natürlich gab es weltweit Erholungstendenzen, China hat sich als Wachstumsmotor etabliert, die Industrienationen konnten sich auf niedrigem Niveau stabilisieren.

Aber?

Es gibt starke Indizien für einen neuen Einbruch, etwa eine Preisdeflation, also sinkende Preise. Vor allem die Transportindustrie ist betroffen, der weltweite Containerumschlag ist um 40 Prozent gegenüber dem Sommer 2008 zurück gegangen. Das geht jetzt erst richtig los.

Haben alle Konjunkturpakete also nichts genützt?

Wohl nur vorübergehend. Dabei waren die Stabilisierungspakete welthistorisch einmalig, es wurden weitaus größere Summen als etwa im New Deal verteilt. Nun ist das Pulver verschossen, die Staatsschulden sind extrem angewachsen und niemand weiß, wie das ausgestanden werden soll.

Wird unter Schwarz-Gelb alles schlimmer?

Der Koalitionsvertrag ist sehr raffiniert, die Verschärfungen des Sozialabbaus sind vertagt auf die nächsten Jahre. Die Konservativen können es ruhig angehen lassen: Die wirklich üblen Dinge wurden schon in den Jahren davor gemacht.

Interview: Christian Jakob

„Die Globale Krise“, 19:30 Uhr, Bürgerhaus Weserterassen