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Archiv-Artikel

Wer bietet weniger?

Im Internet ersteigern Handwerker Jobs zu Dumping-Preisen – manchmal an der Schmerzgrenze. Die Hamburger Handwerkskammer macht sich Sorgen, nicht zuletzt über die Qualität

Von Kristina Allgöwer

„Data35“ will seinen Keller in Eimsbüttel entrümpeln lassen. Der Keller ist nicht sehr voll und nur zwölf Quadratmeter groß. 150 Euro inklusive Anfahrt, Arbeitskosten, Abtransport und Entsorgung sind dafür kein schlechter Preis. „Sonny_82“ alias Nils Sonnenberg bietet mit. Drei Wochen später steht der Preis nur noch bei 40 Euro.

Handwerker-Auktionen im Internet sind erfolgreich. Sie heißen LetsWorkIt, JobDumping oder blauarbeit. Wie beim Internet-Auktionshaus eBay inseriert der Anbieter seinen Auftrag mit einer Beschreibung und dem Startpreis. Geboten wird dann allerdings nach unten. Allein beim Marktführer, der Jobdoo GmbH & Co. KG in Hamburg, sind mehr als 19.000 User registriert. Rund 10.000 Auktionen mit einem Auftragsvolumen von mehr als 10 Millionen Euro fanden bei Jobdoo innerhalb eines Jahres statt. Das Unternehmen verdient an jeder Auktion 99 Cent und erhält eine Provision von bis zu 3,5 Prozent auf das angenommene Angebot.

90 Euro Lohn für zwei volle Tage Arbeit

Nils Sonnenberg hat gerade seinen neunten Auftrag über die Auktionsplattform Jobdoo erhalten. Für 12,50 Euro pro Stunde putzt der gelernte Bürokaufmann eine Dreizimmerwohnung in Eppendorf. Zwar lag das niedrigste Gebot für diesen Auftrag bei 8,50 Euro, aber die guten Bewertungen anderer Kunden Sonnenbergs auf der Internetseite hatten die Wohnungsbesitzer überzeugt. Anders als bei anderen Plattformen ist der Anbieter bei Jobdoo, blauarbeit oder JobDumping nicht dazu verpflichtet, den Günstigsten zu wählen.

Bei früheren Aufträgen musste Nils Sonnenberg auch schon an die Schmerzgrenze gehen. Für 160 Euro erhielt er den Auftrag, eine Zweizimmerwohnung zu renovieren. Von einem Startpreis von 300 Euro hatten sich die Handwerker gegenseitig nach unten geboten. Nach Abzug der Material- und Anfahrtskosten blieben Nils Sonnenberg noch 90 Euro – für zwei volle Tage Arbeit. „So etwas macht man nur in der Hoffnung, Folgeaufträge und Stammkunden zu gewinnen“, sagt Sonnenberg. Leben könne man von solchen Aufträgen nicht. Der 23-Jährige hatte sich im Januar selbständig gemacht. „In den kalten Monaten war es schwer, Aufträge zu bekommen.“ Über Internet-Auktionen fand er Jobs als Umzugshelfer, reinigte Fenster, Autos und Wohnungen.

„Mit Skepsis und Sorge“ sieht Peter Haas von der Hamburger Handwerkskammer die Internet-Auktionen. „Das ist ein Geschäftsmodell, das davon lebt, dass sich die Bieter gegenseitig dumpen. Da muss man davon ausgehen, dass nicht richtig kalkuliert wird.“ Die Anbieter stünden aufgrund der EU-Osterweiterung unter einem unheimlichen Preisdruck. Mit Dumping-Preisen würden sie deshalb versuchen, sich ohne Gewinn zu machen auf den Markt zu bringen. Dennoch sollten die Verbraucher wissen, dass Leistung einen gewissen Preis und auch Wert hat, so Haas. „Bei einem DVD-Player für 50 Euro von eBay ist es nicht so schlimm, wenn er nach einem Jahr kaputt ist. Wenn nach einem Jahr die Fliesen wieder von der Wand kommen, ist das ärgerlicher.“

Jobdoo-Sprecher André Schmidt sieht das anders: „Dass hier sehr wohl Qualitätsarbeit möglich ist, beweisen die vielen positiven Bewertungen, die bei jobdoo.de täglich abgegeben werden.“ Bevor sich die Auftraggeber für einen der Bieter entscheiden, könnten sie die Bewertungen früherer Kunden lesen. Bei mehr als zwei schlechten „Zeugnissen“ würden die Bieter gesperrt. „Beim Handwerker aus den Gelben Seiten besteht diese Möglichkeit der vorherigen qualitativen Bewertungen ja gar nicht“, sagt Schmidt.

Handwerker verschwindet ohne Wiederkehr

Obwohl in der Verbraucher-Zentrale Hamburg noch keine Beschwerden eingegangen sind, scheint es doch auch schwarze Schafe bei den Handwerker-Auktionen zu geben. In den Kundenbewertungen eines Bieters, der sich „Meister Titian“ nennt, kann man lesen: „Erschien nicht zur vereinbarten Zeit. Handy wurde abgeschaltet. Keine Entschuldigung“ oder „Begann mit der Arbeit, verschwand ohne Wiederkehr“. Kurios: Meister Titian bietet um den Auftrag einer Wohnungsrenovierung mit; gleichzeitig sucht er jemanden, der ihm seine schwarz gefärbten Haare um 25 Zentimeter verlängert.

„Sicher gibt es bei diesen Auktionen auch Kollegen, die nicht professionell arbeiten oder nicht wirklich selbständig sind“, meint Nils Sonnenberg. Er selbst hat noch nie eine schlechte Bewertung bekommen. Die Hälfte seiner über Auktionen gewonnenen Kunden sind inzwischen Stammkunden.