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Schutz für Frauen ausbaufähig

Die Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen vor Gewalt ist in Kraft getreten. Doch gerade für geflüchtete Frauen sind Beratungs- und Schutzangebote noch immer nur schwer zugänglich

Frauen müssen nach Ansicht der Bremer Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) besser vor Gewalt geschützt werden. „Ein gewaltfreies Leben ist ein Menschenrecht, das auch in Deutschland immer noch in unvorstellbarem Ausmaß verletzt wird“, sagte Stahmann am Donnerstag anlässlich des Inkrafttretens der sogenannten Istanbul-Konvention am 1. Februar.

Diese Konvention ist ein Übereinkommen des Europarats mit verbindlichen Rechtsnormen zum Schutz von Frauen vor Gewalt. Sie wurde am 11. Mai 2011 von 13 Mitgliedstaaten des Europarates in Istanbul unterzeichnet und trat 2014 in Kraft. Deutschland hat sie im Oktober 2017 ratifiziert.

Jede Woche bringe in Deutschland ein Mann seine Partnerin oder seine ehemalige Partnerin um, sagte die Ministerin. Jeden Tag zeigten 180 Frauen ihren Lebensgefährten oder ihren Ex wegen Körperverletzung an. Vor allem ausländische Frauen erhielten nicht genug Schutz, betonte Stahmann, die auch Vorsitzende der Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz ist. Sie müssten in einer Gewaltbeziehung ausharren, weil sie ihre Abschiebung fürchten müssten, sobald sie sich von ihrem Partner trennten.

„Das ist eine untragbare Situation. Das Thema gehört dringend auf die Agenda einer neuen Bundesregierung“, sagte Stahmann. Die Konvention fordere ein eigenständiges Aufenthaltsrecht für diese Frauen. Das Hilfesystem für geflüchtete Frauen mit traumatischen Erfahrungen bezeichnete sie als „ausdifferenziert, aber ausbaufähig“. Den betroffenen Frauen müsse der Zugang zu Beratungs- und Schutzangeboten erleichtert werden. Insgesamt gebe es in Deutschland aber eine gute Grundlage, den weiteren Ausbau des Gewaltschutzes voranzutreiben.

Nach Ansicht von Marc Millies vom Beratungsverein Refugio müsste es allerdings mehr Kooperation zwischen Behörden und unabhängigen Beratungsstellen geben. „Die Arbeitswege von Behörden stehen einer schnellen Hilfe oft im Wege.“ Der erste Weg führe immer über eine Erstaufnahmeeinrichtung, die jedoch alles andere als ein geschützter Raum sei. Erst dann könne ein Antrag gestellt werden, um die besondere Schutzbedürftigkeit festzustellen.

Wichtig sei es auch, mehrsprachiges Informationsmaterial bereitzustellen. „Fehlende Mehrsprachigkeit ist überhaupt ein großes Manko im Beratungswesen“, sagte Millies. Den betroffenen Frauen falle es ohnehin schwer, über ihre Erlebnisse zu sprechen.

Dass der Bedarf nach wie vor groß ist, sehe man auch an der Auslastung der beiden Bremer Einrichtungen für geflüchtete Frauen. (epd/taz)

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