Tim Caspar Boehme
hört auf den Sound der Stadt
:

Schon genug gehabt vom CTM? Dabei ist das Festival ja gerade mal halb rum. An dieser Stelle soll es jetzt aber bloß noch einen kleinen Hinweis geben. Und zwar auf das Konzert am Donnerstag im HAU1, wo man die Musikerinnen Colleen und Lucrecia Dalt mit ihren eher stillen Vorstellungen von Personalstil vorfinden kann. Die Französin Colleen, von Haus aus an der Viola da gamba geschult, stellt sich mit elektronischer Trauermusik in der Folge der Anschläge in Paris von 2015 vor. Lucrecia Dalt, in Berlin lebende Kolumbianerin, arbeitet ebenfalls mit behutsam geschichteten Klängen, womit der Abend sich hervorragend eignet, um zu fragen, was die beiden Auftritte überhaupt mit dem Festival-Slogan zu tun haben, demnach „unruhige Zeiten nach unruhiger Musik“ verlangen – oder was „unruhig“ bei Musik eigentlich genau heißt (Stresemannstr. 29, 19 Uhr, 18/15 €).

Damit zu anderen Dingen. Oder vielleicht nicht ganz: Denn wer die österreichische Violinistin Mia Zabelka beim CTM gehört haben und ein starkes Bedürfnis nach mehr von ihrem Spiel haben oder die Improvisationsmusikerin einfach mal so kennenlernen möchte, hat am Freitag Gelegenheit, sie im Sowieso im Trio mit dem gleichermaßen improvisationskundigen Gitarristen Olaf Rupp und dem Synthesizerverkabelungsexperten Richard Scott zu erleben (Weisestr. 24, 20.30 Uhr).

Und sonst? Am Sonntag sind alle Frühaufsteher aufgerufen, den verdienten Alte-Musik-Veteranen Ton Koopman in der Philharmonie an der Orgel mit seinem Bach-Programm (Vater J. S. und Sohn C. P. E.) besuchen zu gehen. Das mit der Orgel kann der nämlich und tut es hier nicht alle Tage (Herbert-von-Karajan-Str. 1, 11 Uhr, 18 €).

Am Nachmittag ist dann noch Zeit für einen Abstecher ins Konzerthaus, wo sich das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin und der RIAS Kammerchor unter der Leitung von Andrey Boreyko zwei sehr unterschiedliche Schwergewichte des 20. Jahrhunderts vornehmen: den „postmodernen“ Italiener Luciano Berio mit dessen „Rendering“ nach Motiven von Schubert, und den oft als Neoromantiker geziehenen Ukrainer Valentin Silvestrov mit seinem „Requiem for Larissa“ (Gendarmenmarkt, 16 Uhr, 20–59 €).

Wo wir schon beim Sonntag sind, gibt es auch abends noch einen Termin zu vermerken: das Berliner Vision String Quartet im Radialsystem. „Was bleibt?“, fragen sie mit ihrem Konzertprogramm und erkunden das am Beispiel von Claude Debussy, Dmitri Schostakowitsch und dem Schweizer Jürg Frey. Und damit sich niemand bei der Musik langweilt, gibt es auch ein Video zu gucken (Holzmarktstr. 33, 20 Uhr, 18/14 €).