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Archiv-Artikel

Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um

Im ehemaligen Flughafen Tempelhof gibt es neue MieterInnen. Im südwestlichen Teil des Gebäudes, Höhe Paradestraße, hat sich seit letzter Woche das ffUR, das Forschungsfloß – Institut für Kunst und Subjektive Wissenschaft manifestiert. Von Agnes Meyer-Brandis vor 10 Jahren gegründet, beschäftigt sich das Institut mit künstlerischer Wirklichkeitsforschung in wissenschaftlichen Feldern. In verschiedenen Abteilungen, die auf Projekte Meyer-Brandis’ zurückgehen, werden so Fiktion und Wissenschaft voneinander überlagert, durchwirkt, verflochten und auseinandergedröselt. Nehmen wir etwa das Moongoose Experiment, das auf den Roman „The Man in the Moon“ von Bischoff Francis Goodwin aus dem Jahr 1638 zurückgeht. In der Geschichte tauchen Mondgänse auf, die anstatt im Herbst gen Süden und im Frühling gen Norden zu fliegen, sich einmal im Jahr auf die Reise zum Mond begeben. Meyer-Brandis recherchierte ausgiebig und fand in Italien elf der seltenen Mondgänseeier, die sie selbst ausbrütete. Eine Reihe von Experimenten folgten, die heute neben einer ganze Reihe weiterer Versuchsfeldern in der Zentralen Abteilung für Kontrollräume im Kontrollturm Tempelhof dokumentiert sind. Übrigens, auch Raketeningenieur Wernher von Braun ließ sich bei der Entwicklung der V2 von Goodwin inspirieren. In ihrem aktuellen Experiment, dem Fall-Labor, das im Control Tower noch bis 4. November durchgeführt wird, untersucht die Arbeitsgruppe Planetenentstehung Galileos These der Schwerkraft in der Schwerelosigkeit. Nur so viel dazu: Es ist schon irre, wenn die Feder schneller fällt als der Hammer. Meyer-Brandis nennt diese Arbeitsweise „Erforschung von Migrationsbewegungen zwischen Himmel und Erde“. Und so wandelt sie auf sehr poetische Weise auf dem schmalen Grad der Grenzwerte zwischen Wissenschaft und, ja, Lüge.

■ Bis 4. November, Kontrollraum Tempelhof, Westflügel, Eingang Gebäude 7D, Tempelhofer Damm, Eingang: U 7 Paradestr., der Ausschilderung folgen; Fr.–So., 17–20 Uhr, Eintritt frei, Infos: www.ffur.de