piwik no script img

Simone Schnase über „The Best of Ennio Morricone“Die Fortsetzung der Abschiedstour

Wahrscheinlich wären Filme wie „Spiel mit das Lied vom Tod“ ohne Ennio Morricones Musik heute nur noch halb so bekannt

Nein, Ennio Morricone ist nicht selbst dabei, seine Abschiedstournee ist bereits beendet. Und der Ruhestand, zumindest als Dirigent, sei ihm auch von Herzen gegönnt, denn immerhin wird der Großmeister der Filmmusik im November 90 Jahre alt. Und ganz ehrlich: Muss Morricone ein „Best of Ennio Morricone“-Konzert wirklich unbedingt selbst dirigieren?

Gut, nichts anderes hat er 2016/2017 getan. Da hat er mit 200-köpfigem Chor und Orchester und Band sich und sein Schaffen für die Filmwelt abgefeiert, aber da ging’s schließlich auch darum, sich von der Bühne zu verabschieden. Warum sich nur wenige Monate später Dirigent Marco Seco mit Chor und Orchester der Milano Festival Opera auf den Weg macht, um im Grunde das Gleiche zu tun, muss man zwar nicht verstehen, freuen darf man sich aber dennoch darauf. Denn SängerInnen und MusikerInnen der Opera sind ein eingespieltes „Best of“-Team; seit mehr als 20 Jahren reist das Ensemble mit unterschiedlichen Tourneen durch Europa. Mitte Februar gastiert es erneut in der Glocke, dann zur „großen Verdi-Nacht“ mit Star-Tenor Cristian Lanza.

Zuerst aber: Morricone. Ein Phänomen, denn es gibt neben ihm wohl keinen anderen Filmmusik-Komponisten mit so unverkennbarer Handschrift. Vielleicht liegt das daran, dass er sich, anders als bekannte Kollegen wie Hans Zimmer, nie nur an klassischen Vorlagen orientiert und daraus „Soundtracks“ gebastelt hat, sondern stets Einflüsse aus Folk, Pop, Jazz und aus der Musique concrète kombiniert hat. Wahrscheinlich wären Filme wie „Spiel mir das Lied vom Tod“ oder „Es war einmal in Amerika“ heute nur halb so bekannt ohne Morricones Musik.

Die unterlegt mittlerweile über 500 Filme, darunter 30 Italo-Western, aber auch Exploitation-Filme wie „Der Straßenmädchen-Report“ oder Horror-Filme von Dario Argento. Seit Mitte der 90er-Jahre hat Morricone jährlich Musik für zehn bis zwanzig Filme komponiert. Quentin Tarrantino, einer seiner wohl größten Fans, hat diverse Male seine Musik zweitverwertet, bis er schließlich für „Django Unchained“ und „The Hateful 8“ Originalkompositionen von Morricone bekam. Und der wiederum kassierte dann auch einen Oscar für letztgenannten Film – für sein Lebenswerk hatte er da schon längst einen.

Zahlreiche MusikerInnen haben Morricone über die Jahrzehnte gehuldigt, „The Ecstasy of Gold“ aus „The Good, The Bad & The Ugly“ eröffnet seit dreißig Jahren jedes Metallica-Konzert; die Ramones haben ihre Shows mit dem gleichen Thema gern beendet, beeinflusst hat Morricone auch die norwegische Band Helldorado, die mit ihrem Album „Bones In The Closet“ ein grandioses, Morricone-inspiriertes Gangster-Epos produziert hat.

Morricone klappt also auch ohne Morricone, vor allem, wenn ohnehin „nur“ sein „Best of“ präsentiert wird – und das sogar noch mit Filmschnipseln auf Leinwand hinterm Orchester. Viel schiefgehen kann da eigentlich nicht.

Konzert: Donnerstag, 25. 1., 20 Uhr, Glocke

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen