Susanne Messmer fühlt sich der S-Bahn so ausgeliefert wie das Kamel dem Sandsturm: Stellwerkfehler aufgrund eines Stromausfalls
Manchmal bekommt man es hier mit leidigen Themen zu tun, über die sich die Stadtgesellschaft rauf und runter empört. Man kann diese Themen aber deshalb noch lange nicht vom Tisch wischen , da sie ja trotzdem ganz realen Leidensdruck produzieren. Der Flughafen ist zum Beispiel so ein Thema, die Behörden ein anderes. Eins der schlimmsten ist aber die Stress-Bahn. Jeder zweite Berliner rollt sofort mit den Augen, wenn sie zur Sprache kommt, zuckt aber einen Augenblick später schon wieder mit den Schultern, weil er ihr so schicksalhaft und ohnmächtig ausgeliefert ist wie das Kamel dem Sandsturm.
Wir wohnen nun seit zwei Jahren an der S-Bahn, wir sind genau genommen sogar wegen dieser S-Bahn in diesen Kiez gezogen, damit unser neunjähriges Kind den täglichen Weg zur Schule alleine bewältigen kann. Ist besser für das Kind, ist besser für uns.
In diesen zwei Jahren aber sind gefühlt kaum vier Wochen vergangen, in denen die S2 ab Pankow regelmäßig und pünktlich, ohne Ersatz- oder Pendelverkehr fuhr. Der Schulweg der Tochter ist 12 Kilometer lang, also müssen wir Fahrgemeinschaften bilden, wenn die Bahn nicht geht. Der arme Mensch, der dran ist mit dem Fahren, kann sowohl morgens als auch am Nachmittag mit zwei bis drei Stunden hin und zurück rechnen, denn wir sind natürlich nicht allein mit unserem S-Bahn-Problem, die Autos verstopfen alles.
Verflixte Links-rechts-Schwäche
„Was haben die verwöhnten Kinderchen für Probleme mit Ersatz- und Pendelverkehr, der dauert bekanntlich kaum länger?“, werden jetzt manche fragen, die keinen Dunst haben. In der Fahrclique der Tochter gibt es kein Kind, das keine Links-rechts-Schwäche hat. Und von den Ersatzbussen gibt es zu wenige. Sie sind stets so voll, dass die Kinder von genervten Erwachsenen zur Seite geschoben werden. Manchmal klappt es erst beim dritten oder vierten Bus.
Zuletzt hatten wir den ganzen November hindurch keine Bahn. Die nächsten sechs Wochen Bauarbeiten waren ab Mitte Januar anvisiert, das ist aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Geschenkt, dass immer mal wieder Bahnen ausfallen, sich verspäten oder bis zu einer Viertelstunde auf dem Bahnhof stehen bleiben, ohne dass es auch nur eine Durchsage dazu gibt – und dass es dann jedes Mal gilt, ein ratloses bis verzweifeltes Kind am Telefon zu beschwichtigen.
Am Mittwochmorgen auf dem Bahnsteig dann mal wieder folgende Hiobsbotschaft: Stellwerkfehler aufgrund eines Stromausfalls. Für die Linien S2 und S8 besteht zwischen Pankow und Blankenburg S-Bahn-Pendelverkehr im 20-Minuten-Takt. Beim nächsten Mal machen wir blau.
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