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Franziska Seyboldt PsychoDie Geschichtevon der halben Spülmaschine

Meine Eltern und ich haben uns an Weihnachten zum ersten Mal nichts geschenkt. Also, ich habe ihnen wirklich nichts geschenkt und sie mir eine halbe Spülmaschine, wobei auf dem Gutschein versehentlich „Waschmaschine“ stand, aber ich wusste ja, was gemeint war, denn eine Waschmaschine besitze ich schließlich schon. Es war eben alles etwas viel gewesen in den Wochen zuvor, weshalb wir uns ja auch, genau: nichts schenken wollten.

Irgendwann vor dieser Entscheidung hatte ich – nur halb im Spaß – am Telefon gesagt, mein einziger Wunsch sei mehr Zeit. Ein Satz, der den, der ihn ausspricht, mindestens so sehr nervt wie sein Gegenüber, denn wenn auf eine Sache Verlass ist, dann darauf, dass jeder Tag 24 Stunden hat. Mehr geht nun mal nicht.

„Dann verzichten wir dieses Jahr doch einfach auf Geschenke“, sagte meine Mutter. Und dachte sich kurz vor Weihnachten offenbar: 1. Ach, was kümmert mich mein Geschwätz von gestern. 2. Wenn Zeit Geld ist, dann kann man mit Geld auch Zeit kaufen, und was wäre idealer als ein Gutschein für eine halbe Spülmaschine?

Ich war schon etwas enttäuscht, ehrlich gesagt. Nicht, weil ich die Idee dahinter nicht wertschätze. Seit Jahren klage ich darüber, wie viel Lebenszeit ich gewinnen würde, wenn ich mein Geschirr nicht mehr von Hand spülen müsste. Ich könnte so viel machen! Spazieren gehen, mich mit Freunden treffen, Serien gucken. Außerdem bin ich grundsätzlich ein großer Fan von Geräten, die einem die Arbeit abnehmen und dabei auch noch geschäftige Geräusche machen.

Aber als ich zwischen den Jahren, zurück in Berlin, notgedrungen die Ärmel hochkrempelte, heißes Wasser in das Becken laufen ließ und die verkrusteten Töpfe aus der vorigen Woche (keine Zeit, keine Zeit!) zum Einweichen auf der Küchenzeile aufreihte, stieg eine kleine, stille Vorfreude in mir auf wie Spüliblasen an die Wasseroberfläche. Es ist nämlich so: Seit Monaten ist Geschirrspülen die einzige Gelegenheit, während der ich ohne schlechtes Gewissen Serien gucken kann.

Man kann ja viele Arbeiten im Haushalt liegen lassen, aber benutzte Teller fangen im Gegensatz zu Klamotten irgendwann an zu stinken. Am Spülen führt also kein Weg vorbei – und damit direkt ins Glück: Endlich eineinhalb Stunden bingewatchen! Und zwar ohne Ablenkung, mit nassen Händen checkt man nämlich besser keine Mails.

Die Fünftage-vorschau

Mo., 8. 1.

Kefah Ali Deeb

Nachbarn

Di., 9. 1.

Sonja Vogel

German Angst

Mi., 10. 1.

Svenja Bednarczyk

Nullen und Einsen

Do., 11. 1.

Ambros Waibel

Mittelalter

Fr., 12.1.

Hengameh Yaghoobifarah

Habibitus

kolumne@taz.de

In Zukunft aber, so wurde mir schmerzlich bewusst, würde ich gar keine Zeit mehr haben, Serien zu schauen, sondern, während die Spülmaschine für mich arbeitete, noch mehr To-do-Listen schreiben. Dabei schreibe ich jetzt schon so viele, dass ich gar nicht dazu komme, sie abzuarbeiten!

Die andere Hälfte der Spülmaschine bekomme ich übrigens zum Geburtstag. Ich weiß nur noch nicht, wann ich Zeit finde, den Gutschein einzulösen.

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