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meinungsstark

Kein Schutz vom deutschen Staat

„Die Türkei macht ein Türchen auf“, taz vom 19. 12. 17

Der Fall der in der Türkei festgehaltenen Journalistin Meşale Tolu gibt Anlass, über die doppelte Staatsbürgerschaft nachzudenken. Diejenigen, die es ablehnen, wenn ein Ausländer nach der Einbürgerung neben dem deutschen seinen ursprünglichen Pass behalten darf, argumentieren gerne, dass man seine Loyalität nicht zwischen zwei Staaten teilen könne. Loyalität des Bürgers gegenüber seinem Staat fußt allerdings auf dem Versprechen dieses Staates, seine Bürger zu beschützen. Tolu nun hat ihre frühere Staatsbürgerschaft abgelegt und ist Deutsche; trotzdem zeigt sich der Staat hilflos und unfähig, ihr in einem offensichtlich willkürlichen Verfahren beizustehen. Die Identifikation mit Deutschland wird für Einwanderer dadurch sicherlich nicht einfacher.Raimund Poppinga, Hannover

Wann ist Kritik auch Rassismus?

„Wir doch nicht“, taz vom 16./17. 12. 17

Wann wird endlich zwischen Kritik an der Politik des Staates Israel und Antisemitismus unterschieden? Ist man etwa Rassist, wenn man die Politik von Holland, Frankreich, Deutschland kritisiert? Eben nicht. Dass der Staat Israel die Menschenrechte der Palästinenser massiv beschneidet, weite Teile des palästinischen Gebiets besetzt hält und dabei das Völkerrecht und die UNO-Resolutionen missachtet, ist allgemein bekannt. Ich vermisse in den Artikeln von Ulrich Gutmair eine differenzierte Analyse des Antisemitismus, denn er geht von der Gleichung „Kritik an der Politik des Staates Israel = Antisemitismus“ aus. Den Antisemitismus bekämpft man nicht mit kritiklosem Akzeptieren der israelischen Politik. M. Bartel, Berlin

Anderer Geistesauffassung

„Gustav Stresemann, der Nationalliberale, dessen Namen die AfD nutzen will“, taz vom 21. 12. 17

Nach Gottfried Herder und Erasmus von Rotterdam nun also Gustav Stresemann, dessen Name die AfD für ihre parteinahe Stiftung verwenden will – Chapeau! Zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung liegen oft Welten – das gilt auch für die AfD. Nur wie kann es sein, dass Persönlichkeiten für Interessen gekapert werden sollen, die erkennbar für andere Geistesauffassungen stehen? Möglicherweise wären Namen wie Erich Ludendorff oder Paul von Hindenburg historisch aufrichtiger!? Gregor Lang-Wojtasik, Memmingen

Ein bauernschlauer Manipulator

„Taktischer Volltrottel“, taz vom 20. 12. 17

Donald Trump ist kein Volltrottel, sondern ein bauernschlauer Manipulator, der ebenso skrupellos wie seine hochintelligenten Berater ist. Ihr Ziel ist die Sicherung der Macht einer konservativen kapitalistischen Elite der oberen 2 Prozent, und dieses Ziel haben sie bereits nach einem Jahr erreicht. Die Steuerreform entlastet diese Wenigen auf mindestens 15 Jahre, während die angebliche Zielgruppe der „Vergessenen“ vergebens auf eine Verbesserung ihrer Lage durch neue Jobs wartet. Gleichzeitig wurden massive gesellschaftliche Veränderungen über Dekrete, Budgetverschiebungen und Richterernennungen und eine grundkonservative Ausrichtung der USA lange über Trumps Amts- und Lebenszeit hinaus zementiert. Trump ist also äußerst erfolgreich. Kai Hartmann, Frankfurt am Main

Vielfalt und soziale Gerechtigkeit

„Was ist schlimmer: die Zerstörung heiler Tengelmann-Familien oder Homos nicht hassen dürfen? “, taz vom 19. 12. 17

Adrian Schulz fantasiert bei Sigmar Gabriel einen „Verdruss über die Ehe für alle“ herbei, den dieser gar nicht ausgedrückt hat. Wenn Gabriel einfordert, dass der Mindestlohn „genauso emphatisch“ wie die Ehe für alle gewürdigt wird, dann spricht er sich überhaupt nicht gegen Identitätspolitik aus, sondern bejaht sowohl Vielfalt als auch soziale Gerechtigkeit. Diese beiden Themen zusammenzudenken, das ist die entscheidende Herausforderung für progressive Politik in den nächsten Jahren. Ulrike Müller, Berlin

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