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meinungsstark

Mensch, taz! Nehmt S21-Protest ernst!

„Gefangen im Milliardengrab“,

taz vom 11. 12. 17

Liebe taz, ich bin so was von geladen über euren ganzseitigen Artikel über die neuerlichen Stuttgart-21-Kostensteigerungen. Mit dieser herablassend drolligen Art, in der ihr hier die S21-Gegner schildert, transportiert ihr den bundesweiten Mainstream, dass es da in Stuttgart eben noch ein paar versprengte Dickköpfe gibt, die nichts Wichtigeres zu tun haben, als sich verbohrt ausgerechnet für einen Bahnhof zu verkämpfen. Und als Gewährsmann für eure Quintessenz – „Doch der Zug für einen Ausstieg ist wohl abgefahren“ – wählt ihr ausgerechnet einen baden-württembergischen Grünen, über den ihr in dem Artikel selbst schreibt, dass bei S21 zwischen ihn und Kretschmann „kein Blatt Papier“ passe, und übernehmt kritiklos seine Einlassungen. Wo ist euer politischer Kompass geblieben? Habt ihr immer noch nicht verstanden, dass es hier nicht nur um einen Bahnhof und nicht nur um Stuttgart geht, sondern dass der Flaschenhals S21 ein bundesweites Bahnhindernis darstellen wird? Dass das Projekt S21 der größte technisch-politisch-wirtschaftliche Betrugsskandal der Nachkriegsgeschichte – unter Mitwirkung von Medien und Justiz – ist? Dass S21 für die Wirtschaftselite und deren politische Günstlinge zum Symbolprojekt für die Frage geworden ist, wer stärker ist im Land, die Wirtschaft oder die Bürgerschaft? Dass S21 von der Politik zur Nagelprobe aufgeblasen wurde, dass sie daran ihre Zuverlässigkeit bei der Umsetzung der Wünsche der Wirtschaft zeigen kann? Dass S21 kein Einzelfall ist, sondern seine Parallelen europaweit hat, von Gezi über Val di Susa bis Notre-Dame-des-Landes: Es geht europaweit darum, unter Ausschaltung der Bevölkerung, aber auf deren Kosten Großprojekte umzusetzen, durch welche – weitest­gehend unkontrolliert – Steuergelder in die Wirtschaft gepumpt werden können? Dass es nicht (nur) um einen Bahnhof geht, sondern um Demokratie, darum, ob die Politik – entlang von Ceta und TTIP – immer weiter die Bevölkerung ausschaltet, um sich (zum Erhalt des eigenen Machtanteilchens) der Wirtschaft zu unterwerfen?

Könntet ihr vielleicht endlich einmal das Thema S21 ernst nehmen als ein hochbrisantes, linkes, bundesweit relevantes Thema, gegen das BER und Elphi nur Peanuts sind? Könntet ihr vielleicht endlich einmal aus eurer süffisanten Hauptstadt-Attitüde herausfinden, mit der ihr gesellschaftspolitische Skandale zu lokalen schrulligen Donquichotterien verniedlicht – und damit das Geschäft der Nutznießer betreibt? Martin Poguntke, Stuttgart,

Sprecher der Initiative „TheologInnen gegen S21“

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