Jan-Paul Koopmann
Popmusik und Eigensinn
: Aus alt mach neu, oder:der falsche Hase

Foto: kms

Zeitmaschine ist so ein Wort, das einen misstrauisch machen muss. Sowas gibt es nämlich gar nicht. In echt nicht und auch nicht in der Musik, um die es hier geht. Geschrieben wird es trotzdem ständig, weil die Berliner Band Kadavar so schön nach Black Sabbath klingt, aber eben nicht nach diesen ganzen anderen Bands, die nach Black Sabbath klingen. Und die Fans sagen sowas ja auch nach Konzerten der Berliner Stoner-Rocker – die paar jedenfalls, die noch Karten abbekommen haben, bevor Kadavar wieder mal ausverkauft war.

Aber warum fühlt sich das alles so historisch an? Und was sollte daran eigentlich gut sein? An den Rauschebärten liegt es wahrscheinlich ein bisschen, an Lederjacken, Fellkragen, bunten Hemden – und an der ja nun wirklich hübsch handgemachten Musik. „Alles kommt irgendwann wieder“, weiß der Volksmund über das Popgeschehen und liegt damit wie immer völlig falsch.

Denn natürlich ist es was anderes, Anfang der 70er in Birmingham zur Gitarre gegriffen und die damals populären Gruselthemen aus dem Kino in die Musik verfrachtet zu haben, als heute es heute noch mal zu machen. Man kann den Hasen eben nur einmal essen. Danach höchstens einen anderen.

Die Frage wäre also, warum Hölle, Tod und Teufel auf dröhnenden Gitarren sich heute wieder so frisch wie damals anfühlen. Und das tun sie ja wirklich. Kadavars Label Nuclear Blast wollte seine Stars verstanden wissen als „leaders of the german occult rock movement“. Das ist lustig, weil es ein solches „movement“ gar nicht gibt. Aber einzelne wie Kadavar, die eine geradezu bewegungsfeindliche, apolitische Innerlichkeit in diesen Mystik-Metaphern ausdrücken. Das muss aus der Zeit fallen. Es ist eben keine Masche, kein Genrequatsch, sondern etwas doch sehr eigenes, das sich aus dem Finsterrock-Repertoire lediglich bedient.

Kadavar spielen am Mittwoch, 20. 12., um 20 Uhr im Tower

So viel zur Zeitmaschine. Und so viel dann auch zur Frage, wofür das gut ist. Denn wenn die ganze Geschichte eben wirklich noch mal aus sich selber heraus wirkt, dann sticht das doch angenehm heraus aus dem Stoner-Einheitsbrei. Gerade weil es einen nicht in die 70er zurückwirft, sondern weil es heute wieder funktioniert.