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Archiv-Artikel

Briefpost bekommt Konkurrenz

Die großen Zeitungsverlage haben ein neues Geschäftsfeld entdeckt: Sie wollen auch Briefe zustellen. Die Post macht zwar mit ihren Briefen bisher auch Verluste – trotzdem glauben die Verleger an Gewinne. Die Post sieht die neue Konkurrenz gelassen

„Wir haben uns vorgenommen, die klare Nummer zwei zu werden“

VON STEFFEN GRIMBERG

Deutschlands Hunde haben demnächst noch mehr Auswahl, wen sie beißen: Anfang 2006 könnte in Deutschland flächendeckend neben der Gelben Post noch mindestens ein weiterer Briefträger ans Haus kommen. Die Axel Springer AG, der Stuttgarter Verlagskonzern Holtzbrinck und der Essener WAZ-Gruppe wollen ein gemeinsames Unternehmen gründen, das das Kartellamt allerdings noch genehmigen muss. Der Name der neuen Post steht noch nicht fest.

Revolutionär ist das Konzept nicht: Springer und Holtzbrinck arbeiten bereits seit 2004 beim Postdienstleister PIN AG zusammen, der in Berlin, Köln, Leipzig und Frankfurt Briefe zustellt. Außerdem haben die WAZ-Gruppe und Springer-Hamburg in ihren jeweiligen Verbreitungsgebieten noch Extra-Briefzustellung. Die WAZ steigt zudem beim Zustelldienst NET-DBS ein, die bereits beinahe bundesweit arbeitet.

Spätens 2006 soll das neue Unternehmen dann so wachsen, „dass eine flächendeckende Zustellung möglich ist“. Dann dürfen die Gelbe-Post-Konkurrenten auch bundesweit Briefe ab 50 Gramm Gewicht zustellen. Das Briefmonopol der Post, das derzeit noch für Briefe bis 100 Gramm gilt, wird laut Postgesetz ab dem 1. Januar 2006 nur noch auf Briefe bis 50 Gramm beschränkt und läuft Ende 2007 ganz aus.

Den Aufbau der neuen Post übernimmt Günter Thiel. Er war zuletzt Vorstandsvorsitzender bei TNT, dem Nachfolger der königlich-niederländischen Post. Sein Ziel ist klar: „Wir haben uns vorgenommen, die klare Nummer zwei hinter der Deutschen Post AG zu werden.“

Genau hier könnte ihm allerdings sein ehemaliger Arbeitgeber zuvorkommen: TNT und der Hermes-Versand wollen als „Europost“ ebenfalls das Briefgeschäft aufmischen.

Die Gelbe Post reagiert betont gelassen auf solche Pläne: „Wir sind skeptisch, was die bundesweite Zustellung angeht“, sagt der fürs Briefgeschäft zuständige Post-AG-Sprecher Dirk Klasen. „Das ist kein triviales Thema, da kann man nicht mal eben ein paar Jungs rausschicken, die Briefe austragen.“

Zwar kann man mit Briefzustellung in Ballungsräumen gutes Geld verdienen, in ländlichen Gegenden hingegen ist es eher ein Zuschussgeschäft. Die Verleger dürften daher mit ihrer „flächendeckenden Versorgung“ weite Teile Deutschlands ausschließen.

Dennoch stehen die Verlage vor logistischen Problemen: Ihre Zeitungszustelldienste verschafften den Verlagen bisher keine wirklichen Vorteile – die Zustellzeiten waren zu unterschiedlich. Während Zeitungen in der Regel vor sechs Uhr früh ausgeliefert werden, hat die Post AG ihre Briefzustellung bis in die tiefen Mittagsstunden ausgedehnt. Allerdings verfügen die Verlage über ihre Zustelldienste über logistisches Know-how.

Heute werden bereits 15 Prozent der nicht unter das Post-Monopol fallenden Briefe nicht mehr von der Gelben Post zugestellt. Die Post AG rechnet laut Klasen mit weiteren Verschiebungen: „2008 fällt das Monopol ganz, da ist es normal, dass man Marktanteile abgeben muss.“

Reagiert wird mit zwei Gegenstrategien: Die Post AG engagiert sich auch international unter ihrer Dachmarke DHL im Briefgeschäft. Außerdem setzt sie auf „Dialogmarketing“, eine höfliche Umschreibung für zielgerechte Werbung via Briefkasten. Gerade das ärgert seit langem – die Zeitungsverleger.