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Archiv-Artikel

CDU: Pässe nur auf Probe vergeben

Der baden-württembergische Innenminister Heribert Rech (CDU) fordert eine Zwei-Klassen-Staatsbürgerschaft. Besteht Terrorismusverdacht, will er eingebürgerten Deutschen per Gesetz den Pass wieder entziehen – und sie staatenlos machen

VON SARAH MERSCH

Eine Einbürgerung unter Vorbehalt fordert der Vorsitzende der Innenministerkonferenz der Länder, Heribert Rech (CDU). Der Innenminister Baden-Württembergs sprach sich für eine gesetzliche Regelung aus, nach der bereits eingebürgerten Ausländern die deutsche Staatsangehörigkeit nachträglich wieder aberkannt werden könne. Falls sie „bestimmte gegen die Interessen der Bundesrepublik Deutschland gerichtete Verfehlungen begangen haben“, solle ihnen die Staatsbürgerschaft wieder entzogen werden, heißt es in einem internen Papier des Innenministeriums. Rech begründete seinen Vorstoß damit, dass ein Großteil der Personen, die von den Sicherheitsbehörden als gefährlich eingestuft werden, bereits einen deutschen Pass besitzen. Gerade potenzielle Terroristen würden die Einbürgerung nutzen, um „ausländerrechtliche Restriktionen“ zu umgehen.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, wies Rechs Initiative zurück. „Die Union schwingt kurz vor der Wahl noch einmal die Keule gegen Ausländer“, kritisierte der Politiker. In der Tat übersieht Rech: Die rechtliche Lage lässt einen Entzug der Staatsbürgerschaft nicht zu. Und das aus gutem Grund – war doch die Zwangsausbürgerung im Nationalsozialismus gängige Praxis. Daher kennt das heutige Staatsangehörigkeitsrecht keine Unterscheidung in Deutsche erster oder zweiter Klasse. Es spielt keine Rolle, wie man Deutscher geworden ist: „Deutscher im Sinne dieses Gesetzes ist, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.“

Was der baden-württembergische Innenminister ebenfalls ignoriert: Bereits seit Januar diesen Jahres wird jeder, der einen deutschen Pass beantragt, vom Verfassungsschutz überprüft. Wer bereits wegen extremistischer Aktivitäten beim Verfassungsschutz aufgefallen ist, wird erst gar nicht eingebürgert. Und es gibt noch eine zweite Hürde für potenzielle Terroristen. Sie müssen erklären, dass sie keiner verfassungsfeindlichen Organisation angehören. Wer hier nicht die Wahrheit sagt, dem kann die deutsche Staatsangehörigkeit wieder abgesprochen werden – was in mehreren Fällen bereits geschehen ist.

Rech kann sich also nur auf Personen beziehen, die sich erst nach der Einbürgerung etwas zuschulden kommen lassen. Für Deutsche gilt aber deutsches Recht – für deutsche Islamisten genauso wie für deutsche Neonazis. Planen sie verfassungsfeindliche Aktivitäten, können sie dafür belangt werden.

Auch aus migrationspolitischer Sicht wurde Rech kritisiert. Volker Beck monierte, dass der Innenminister Ausländer in Deutschland pauschal diskriminiere. Nicht selten wird die mangelnde Integrationsbereitschaft von Zuwanderern beklagt. Nun droht ihnen Rech praktisch von vornherein an, die Staatsbürgerschaft nur auf Probe zu verleihen. Das wäre gleichbedeutend damit, den Zuwanderern Staatenlosigkeit in Aussicht zu stellen. Denn es gilt: Wer die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen will, muss im Regelfall seine alte abgeben.