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Archiv-Artikel

Braun auch ohne Kohle

Gegen ein Bergbau-Projekt macht eine Initiative nahe der Landesgrenze zwischen Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern mobil. „Wir haben kein Rechtsextremismusproblem“ sagt ihr Sprecher

von Andreas Speit

Die Stellschilder fallen auf: Selten sind die NPD-Wahlplakate in Lübtheen nur an einen Baum gelehnt. In dem Städtchen dicht an Mecklenburg-Vorpommerns Landesgrenze zu Niedersachsen stehen sie mitten im Ortszentrum. Gleich vor dem Wohnhaus des Kandidaten Stefan Köster, der für die NPD bereits im Ludwigsluster Kreistag sitzt.

Im Parterre des Hauses betreibt Udo Pastörs, der seine rechte Gesinnung ebenfalls offen kundtut, ein Schmuckgeschäft. „Das ist ein ganz Rechter“, erzählt ein Mann auf der Straße. Im Schaufenster hängen aber keine NPD-Plakate, sondern die Ankündigung der „Bürgerinitiative Braunkohle – Nein!“ für einen Info-Abend „am Montag, 12. September“.

Keine Überraschung. Denn Pastörs, der vor kurzem bei der NPD-Stade über „Modernen Nationalismus“ referierte und einst die beschlagnahmte Schrift „Völkermord am deutschen Volk“ unterzeichnete, ist Gründungsmitglied der Inititative. So besuchte er auch am Montagabend mit anderen bekannten NPDlern die Veranstaltung in der örtlichen Sporthalle. Über 400 Bürger waren gekommen, um sich über die Auswirkungen eines möglichen Braunkohleabbaus in der Region zu informieren: Den plant die MIRBAG-AG, eine Tochter der Washington Group. Die Inititiativen-Vorstände Kai Hagen und Helmut Eggers berichteten über lokale Aktionen und Gespräche mit Landespolitikern.

Sehr zurückhaltend stellten sie ihre im Mai aufgenommene Arbeit vor, im Gegensatz zum kämpferischen Ton, den Flugblätter der Initiative anschlagen: „Wir wollen keine Opfer von ausländischen Unternehmern sein, die ihren Gewinn in die USA abführen und dann einen verarmten Natur- und Wirtschaftsraum hinterlassen“.

Über Neonazis im Publikum regt sich niemand auf. Man kennt sich und grüßt sich. „Herr Thomas Wulff war auch schon mal da“, berichtet Initiativen-Sprecher Andreas Vones. Wulff, einer der bekanntesten deutschen Neonazis, ist Wahlkampfleiter der NPD in Mc Pomm. An diesem Abend war aber lediglich Philipp Steinbeck, Sekretär des Partei-Vorsitzenden, gekommen, der nach eigenen Angaben nicht mehr „politisch aktiv“ ist.

„Wir haben kein Rechtsextremismusproblem, das dichtet man uns an“, betont Vones auf Nachfrage der taz. Im Juni war die Bürgerinitiative wegen rechter Unterstützung bereits in die Schlagzeilen geraten. Bei einer Kreistagssitzung hatte NPD-Ratsherr Köster sich wie selbstverständlich für deren Belange eingesetzt. Und ein NPD-Flyer zur Unterstützung war erschienen. „Diese Hilfe ist unerwünscht“, verkündete damals die Bürgerinitiative. Der Ausschluss von Rechten, den Ludger Klus forderte, blieb aber aus. Daraufhin verließ der Baubiologe die Initiative, die ihm per einstweiliger Verfügung sogar untersagen, sich über die rechte Beziehungen weiter zu äußern. Ohne Erfolg.

Nun erklärt Vones: „Mit Pastörs haben wir uns geeinigt. Er bleibt Gründungsmitglied, tritt aber nicht öffentlich für uns auf“. So einfach sei ein Ausschluss nicht, so Vones, da rund 14 Prozent der Menschen der Region rechte Einstellungen hätten. Zurückhaltung, die Folgen trägt: Neonazis griffen am Abend abreisende Journalisten an, die die Veranstaltung wegen der NPD-Umtriebe beobachtet hatten. Der NPD-Kreischef aus Ludwigslust, Andreas Theissen, schlug auf ihr Auto ein, andere kündigten an, sich die Reporter „greifen“ zu wollen. Zwei Mitarbeiter des „Beratungsteams für demokratische Kultur“ konnten die Veranstaltung nur unter Polizeischutz verlassen.