Ein Ort der Liebe und Freude

Von Oldschool-Rap zu Gegenwarts-Trap. Princess Nokia spielteam Montagabend ein vielseitiges Konzert in Huxleys Neuer Welt

Sie hat die Power, ihr Publikum nicht: Princess Nokia Foto: Martyn Goodacre/Redferns/getty

Von Philipp Weichenrieder

Die Euphorie des Publikums war schon vor Beginn des Konzerts am Montagabend spürbar. Als Princess Nokia dann die ersten Verse ihres Stücks „Tomboy“ mit energischem Selbstbewusstsein rappte, drehte das Publikum durch. Hände gingen nach oben, Körper bewegten sich zum rollenden Beat auf und ab.

Destiny Nicole Frasqueri, wie die Prinzessin mit bür­gerlichem Namen heißt, vereint viele Identitäten. Sie ist Freak, Tomboy, Hexe, nigerianisch-puertoricanisch-US-amerikanische New Yorkerin, Skaterin – und sie weiß um die negative Macht von Sterotypen und Menschenfeindlichkeiten. Nicht nur in ihrer Musik wendet sie sich gegen vorgeschriebene Verhaltensmuster von Männern und Frauen oder gegen die Ausgrenzung queerer Menschen: Im Oktober tauchte ein Video im Internet auf, in der sich mehrere Menschen in einem Zug der New Yorker U-Bahn gegen einen Mann wenden, der immer wieder das N-Wort brüllt – am Ende sieht man Princess Nokia einen Styroporbecher nach dem Mann werfen. Mit Wut und Leidenschaft kämpft sie als Künstlerin und Privatmensch gegen Rassismus und Sexismus.

Die 25-Jährige tritt kraftvoll auf und laut, betont aber auch Schönheit und Sexyness. Gleich zu Beginn ihres Konzerts begrüßt sie ausdrücklich die Frauen im Publikum und spricht ihnen Kraft und Bestätigung zu. Sie erklärt den Konzertsaal zu einem Ort der Liebe und Freude, zu einem safe space für Menschen jeder Herkunft, jeden Geschlechts und sexueller Orientierung. Diese zugleich offenen und unnachgiebigen Positionen machen Princess Nokia besonders.

Eigentlich hätte die Künstlerin im September spielen sollen, hatte aber aus gesundheitlichen Gründen abgesagt. Seit über einem Jahr tourt sie mit ihrem Mixtape „1992“, das 2016 erstmals erschien und jetzt als Deluxe-Version mit acht neuen Stücken auch auf Schallplatte erschienen ist, durch die Welt. Im April war sie schon einmal in Berlin zu Gast und spielte im ausverkauften Festsaal Kreuzberg. Und auch diese Show, die vom Yaam ins größere Huxleys Neue Welt verlegt worden war, war sehr gut besucht.

Princess Nokia ist ein Star. Einer, der sich nicht auf eine (Rap-)Szene beschränken lässt. So beginnt und endet ihr Set mit dem Pop-Punk-Gassenhauer „Fat Lip“ von Sum 41, den ihr DJ einspielt. In ihrem knapp einstündigen Auftritt spannt sie einen Bogen von Oldschool-Rap über R&B zu Gegenwarts-Trap. Genregrenzen ignorierte sie schon mit ihrem ersten Mixtape, „Metallic Butterfly“, das sie 2014 in Eigenregie veröffentlichte. Darauf gibt es neben R&B auch Drum ’n’ Bass zu hören. Mit „Dragons“, bei dem sie über einem Instrumental in jazziger Liquid-Funk-Tradition singt, leitete sie am Montagabend über in eine Acappella-Version des viel gecoverten Stücks „Dream A Little Dream of Me“.

Es war einer der Momente des Abends, an dem Princess Nokia am überzeugendsten war. Zwar strahlte sie Bühnenpräsenz aus und performte ihre energiegeladenen Rap-Stücke souverän. Auf der großen Bühne brauchte es aber immer neue Ansprachen an das Publikum, um die Menschen bei Laune zu halten. Princess Nokia rappte über die Albumversionen, wodurch hin und wieder der Eindruck von Playback entstand. Die – zumindest äußere – Begeisterung des Publikums fiel im Lauf des Abends etwas ab, was auch die Künstlerin selbst bemerkte. So versicherte sie sich durch eine Ansage der Aufmerksamkeit und kommentierte: „I don’t want you to waste your time. And I don'’t want to waste my time.“

Diese offene Bestimmtheit, die kraftvolle Ehrlichkeit zeichnen Princess Nokia aus. Und es sind neben Lyrics über das New York ihrer Kindheit oder ihr Outsidertum vor allem ihre feministischen, empowernden Botschaften, die viele unterschiedliche Menschen ansprechen.

Auch wenn die Power, mit der sie sich äußert, am Montagabend nicht vollends rüberkam, sah man doch ihr Talent und konnte die Wichtigkeit der Arbeit von Künstler*innen wie ihr, die über die reine Unterhaltung hinausgeht, spüren.