heute in hamburg: „Oft sind die Geräte voll funktionsfähig“
Reinhard Fiedler, 61, Biologe, ist seit 1998 Sprecher der Hamburger Stadtreinigung. Davor war er Assistent der Geschäftsführung.
taz: Herr Fiedler, ein Pop-up-Store in einem Einkaufszentrum – finden die Menschen sonst die Stadtreinigung nicht?
Reinhard Fiedler: Es ist gar nicht so einfach, bezahlbare Ladenflächen in einigermaßen guter Lage zu finden. Außerdem wollen wir erst mal ausprobieren, wie sich die Nachfrage entwickelt. Ein Pop-up-Store ist da genau das Richtige.
Mach en Sie das zum ersten Mal?
Von unserem Gebrauchtwarenkaufhaus gibt es bereits zwei Filialen, eine in der Ruhrstraße in Altona und eine in der Helbingstraße in Wandsbek. Ein Pop-up-Store ist allerdings etwas ganz Neues für uns.
Wie lange wird es den denn geben?
Wir planen zunächst für drei Monate. Wenn er gut läuft, ist eine Verlängerung nicht ausgeschlossen – wenn wir eine geeignete Ladenfläche finden.
Es geht da nun vor allem um Elektro(klein)geräte. Die sammeln Sie ja seit einiger Zeit auch mit speziellen Containern.
Was wir in den Sammelcontainern erfassen, gelangt nicht wieder in den Verkauf. Die dort entsorgten Geräte sind in der Regel auch nur noch E-Schrott. Interessanter ist da schon, was auf den Recyclinghöfen oder auch direkt in den Stilbruch-Filialen von den Kunden abgegeben wird: Oft sind die Geräte voll funktionsfähig.
Video-2000-Recorder, Mini-Disc-Player, DVB-T-Receiver – welche Geräte werden denn am häufigsten abgegeben?
Unterhaltungselektronik ist häufig dabei. Kleingeräte wandern aber leider immer noch in die normale Mülltonne, obwohl das ausdrücklich verboten ist. Das Handy, der Toaster, die Küchenmaschine: Alle diese Geräte verdienen eine zweite Chance, wenn sie noch funktionieren.
Was passiert dann eigentlich genau mit meinem alten Toaster oder Kofferradio?
Wenn man ihn bei Stilbruch abgibt und ein Käufer gefunden wird, wird der „alte“ Toaster weiter toasten und das „alte“ Kofferradio vielleicht noch für viele Jahre in der Küche oder im Zelt für Stimmung sorgen. Wenn nicht, wartet bestenfalls der Häcksler eines Verwertungsunternehmens.
Und was ist das für ein Forschungsprojekt, „FORCE – Cities cooperating for circular economy“, an dem Sie sich mit dem gezielten Sammeln solcher Geräte beteiligen?
Die direkte Wiederverwendung vermeintlicher Abfälle ist, anders als Recycling, echte Abfallvermeidung. Wie macht man diese Wiederverwendung für den Verbraucher attraktiv? Diese Frage ist Inhalt dieses Projektes mehrerer europäischer Großstädte. Hier in Hamburg versuchen wir es mit einem Pop-up-Store.
Interview Alexander Diehl
Stilbruch-Pop-up-Store: ab heute in den Harburg Arcaden, Lüneburger Straße 39. Geöffnet Mo–Sa, 10–18 Uhr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen