: Interesse gesteigert
Nordrhein-Westfalen hat 1998 das kommunale Wahlrecht für 16-Jährige eingeführt. Selbst die CDU lobt es heute
Wählen schon mit 16: In Nordrhein-Westfalen geht das, zumindest bei Kommunalwahlen. 1998 hatte der Landtag mit den Stimmen von SPD und Grünen den 16- und 17-Jährigen das aktive Wahlrecht gegeben. Zweimal – 1999 und 2004 – wurde seither in den Kommunen gewählt, und die 16- und 17-Jährigen haben das Angebot angenommen.
„Die niedrigste Wahlbeteiligung liegt nicht bei den Jüngsten“, sagt Thorsten Faas, Politikwissenschaftler an der Universität Duisburg-Essen: Mit gerade mal 35 Prozent sei die Wahlbeteiligung bei den 20- bis 30-Jährigen am geringsten.
Gute Erfahrungen haben auch die Jugendverbände gemacht. Der Landesjugendring, eine Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände, hat die beiden letzten Kommunalwahlen mit aufwändigen Aktionen begleitet, um junge Wähler an die Urne zu bringen. Dank des Wahlrechts interessierten sich Jugendliche mehr für Politik, sagt Barbara Dahmen, Vorsitzende des Landesjugendrings. „Denn dann können sie auch Veränderungen bewirken.“
Das Wahlrecht ab 16 wieder abschaffen will heute in Nordrhein-Westfalen niemand. Dabei war die Wahlrechtsreform 1998 gegen die CDU durchgesetzt worden. Und 1999, vor der Kommunalwahl, hatte der damalige CDU-Landesvorsitzende Jürgen Rüttgers noch gefordert, das Wahlalter wieder anzuheben, wenn die Jungwähler zu wenig Interesse zeigten. Inzwischen ist Rüttgers in NRW Ministerpräsident. Im Koalitionsvertrag haben CDU und FDP das Thema jedoch ausgespart. Anders als etwa in Hessen, wo CDU und FDP nach dem Sieg über Rot-Grün das Wahlalter wieder angehoben haben.
Ob Rüttgers sich ein Papier der Konrad-Adenauer-Stiftung zu Herzen genommen hat? Die CDU-nahe Stiftung hatte schon kurz vor den ersten Kommunalwahlen in NRW mit Wahlrecht für Minderjährige am 15. August 1999 in ihren „Materialien für die Arbeit vor Ort“ geraten, es komme vor allem darauf an, „diese Wählerschicht zu erreichen“. Dabei werde es „mit Sicherheit nur begrenzt nützlich sein, den Dialog mit den 16-Jährigen damit zu beginnen, ihnen das Wahlrecht abzusprechen“, mahnte der Autor der Studie, Benedikt Hauser, heute CDU-Fraktionsvorsitzender im Bonner Stadtrat.
Außerdem, argumentierte Hauser damals, seien die Chancen der Union bei Jugendlichen besser, als viele Unionspolitiker angenommen hätten. Nach den Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen schneiden allerdings die kleinen Parteien bei Jungwählern zwischen 16 und 25 – genauere Zahlen liegen nicht vor – deutlich besser ab als die Volksparteien. In dieser Altersgruppe hätten CDU und SPD bei der Kommunalwahl 2004 5,1 und 3,9 Prozentpunkte weniger bekommen als im Wählerdurchschnitt, berichtet Politikwissenschaftler Faas.
Die Grünen erzielten hingegen 15,9 Prozent der Stimmen, bei allen Wählern dagegen nur 10,2 Prozent. Somit sei die Einführung des Wahlrechts ab 16 von den Grünen „nicht uneigennützig“ gewesen, kommentiert Faas. DIRK ECKERT