DAS ENTSCHEIDENDE DETAIL : Wer nicht erfindet, klagt
GESTALT Kaum ist Windows 8 draußen, schon hat Microsoft neuen Patentstreit am Hals. Es geht – mal wieder – um Designfragen
Terrakotta, Spaltklinker, Feinsteingut – die Kachel bedeckt eine nackte Wand nicht nur, sie kann einem Raum die kalte, harnschwangere Atmosphäre eines Krankenhausklos verleihen oder das sonnendurchstrahlte Wohlgefühl einer toskanischen Villa. Eines ist sie aber immer: praktisch. Weil: leicht abwaschbar.
Praktisch findet die KACHEL auch der US-amerikanische Softwarekonzern Microsoft. Sein gerade erschienenes Betriebssystem Windows 8 zeigt Programme auf dem Computerbildschirm in Badezimmeroptik an.
Microsoft hat sogar ein Patent dafür, das 2006 beantragt und 2011 gewährt wurde. Aber damit ist das Unternehmen nicht allein. Die viel kleinere US-amerikanische Firma Surfcast legte ein Patent mit der Nummer 6724403 vor, im Jahr 2000 beantragt und 2004 gewährt, dass die „gleichzeitige Anzeige mehrerer Informationsquellen“ beinhaltet. Und verklagte Microsoft nun auf Schadenersatz in bisher nicht bekannter Höhe.
Das Verklagen wegen des Benutzens bestimmter Designs ist in der jüngsten Vergangenheit zur Mode unter den führenden Technikfirmen dieser Welt geworden. Klar: Wenn große technologische Innovationen nicht mehr erzielt werden und das Innere der Geräte sich kaum noch unterscheidet, werden Details für das Definieren der eigenen Marke extrem wichtig. Und das Design natürlich.
Und so geht man sich gegenseitig wegen Äußerlichkeiten an den Kragen, die vielleicht schon lange in der Welt sind. Nicht nur die Kachel. Auch in den ewigen Prozessschlachten von Apple gegen Samsung geht es mal wieder um Kleinkram und viel Geld. Um runde Ecken, flache Bildschirme. Und Wischtechnik. Letztere dürfte auch schon mehr Jahre auf dem Buckel haben als Apple – sind damit doch immerhin millionenfach Innenräume verschandelt worden. Vielleicht sollten wir uns schnell die abwischbare Kachel patentieren lassen. Man weiß ja nie. DAS, MLA