Beschossene Buddys

Action-Klamauk Regisseur Patrick Hughes tut seinen Darsteller*innen in „Killer’s Bodyguard“ keinen Gefallen – wenigstens nimmt er die Pseudohandlung nicht ernst

Italienisch müsste man können: Ryan Reynolds (l.) und Samuel L. Jackson inmitten der Nonnen Foto: 20th Century Fox

von Fabian Tietke

Was für ein sinnloser, possierlicher Film! Die Handlung von Patrick Hughes „Killer’s Bodyguard“ ist keine, eher ein Setting: Der ehemalige Auftragskiller Darius Kincaid ist der wichtigste Zeuge in einem Prozess gegen den gestürzten Präsidenten Weißrusslands, Vladislav Dukhovich. Im Gegenzug für seine Aussage erhält Kincaid die Zusicherung, dass seine Frau aus dem Gefängnis entlassen wird. Allerdings muss Kincaid für seine Aussage von London nach Den Haag gebracht werden. Interpol-Agentin Amelia Ryder scheitert an dem Auftrag, weil es eine undichte Stelle gibt und sich das Team der Agentin binnen Minuten in einen Haufen Leichen in Schutzwesten verwandelt.

Ryder entkommt, versteckt sich mit dem Zeugen in einem Safehouse und ruft den einzigen Mann an, dem sie den Job zutraut: den Bodyguard Michael Bryce. Bryce also soll Kincaid nach Den Haag bringen. Wenig überraschend: Dukhovich sendet Handlanger aus, die verhindern sollen, dass Kincaid Den Haag lebend erreicht. Bryce und Kincaid juckeln also in wechselnden Fahrzeugen zur britischen Küste, um von dort per Fähre aufs europäische Festland überzusetzen und werden in regelmäßigen Abständen beschossen.

Erfreulicherweise ist selbst dem Film diese Handlung recht wurscht, und das ganze Brimborium mit Internationalem Gerichtshof, schießenden Bösewichten und Interpol dient nur dazu, die Konstellation eines Buddy-Road-Movies herbeizuführen. Die Wege von Bryce und Kincaid haben sich „beruflich“ mehrfach gekreuzt, aber erst die gemeinsame Fahrt nach Den Haag bringt die beiden gegensätzlichen Charaktere ins Gespräch miteinander. Bryce darf mit seinem Planungs- und Ordnungsfetischismus Kincaid ebenso in den Wahnsinn treiben wie Kincaid Bryce mit seiner unerschütterlichen Selbstsicherheit.

Schlagseiten

Buddy-Movies leben von ihren Darstellern: Bodyguard Bryce wird gespielt von Action-Darsteller Ryan Reynolds; Auftragskiller Kincaid von Samuel L. Jackson. Leider hat Reynolds dem schauspielerischen Feuerwerk, mit dem Jackson den Film vor der völligen Irrelevanz rettet, wenig entgegenzusetzen. Nimmt man die beiden weiblichen Rollen dazu, wird diese Schlagseite noch deutlicher: Während Salma Hayek als Sonia Kincaid abermals ihr komödiantisches Können ausspielt, bleibt die französische Schauspielerin Élodie Yung als Interpol-Agentin und wahre Liebe von Bryce doch sehr maskenhaft. Das Zwischenfazit fällt also ernüchternd aus, zumal Patrick Hughes den Film – als Bryce und Kincaid schließlich Amsterdam erreichen – auch noch mit allerlei Tourismusmarketingszenen vollschrottet.

Salma Hayek ­zermetzelt eine ­Männergruppe, ­die sie in einer Bar betatscht hat

Kurzer filmhistorischer Exkurs: 1959 konkurrierten Giulietta Masina und Anna Magnani beide in dem Gefängnisfilm „Nella città l’inferno“ um die eigentliche Hauptrolle von Renato Castellani. Giulietta Masina war nach dem Erfolg in Federico Fellinis „Die Nächte der Cabiria“ von 1957 auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs, Anna Magnani eher schon etwas über ihren hinweg. Das Verhältnis der beiden Schauspielerinnen auf dem Set ist legendär schlecht gewesen, viel interessanter ist jedoch der Effekt auf den Film: Die Magnani fährt ihr gesamtes schauspielerisches Können auf und spielt nicht nur die Masina vollkommen an die Wand, sondern lässt Szenen, die Castellani anders angelegt hat, zu ihren Gunsten kippen. Anna Magnanis Auftritt ist ein eindrucksvoller Beleg schauspielerischer Kraft, die selbst die Regie letztlich nicht mehr zu bändigen vermag. Wäre Patrick Hughes ein guter Regisseur, hätte er das vielleicht in „Killer’s Bodyguard“ ähnlich gehandhabt und Samuel Jackson und Salma Hayek das Feld überlassen. Hat er leider nicht.

So ist „Killer’s Bodyguard“ ein Film, der sein Potenzial nie so recht freisetzt. Im Rahmen der Struktur eines Buddy-Movies zündet Samuel Jacksons Spiel nie vollständig, dazu fehlt ihm in der schwachen Rolle zudem der Gegenpart. Jacksons Spiel bleibt ein freidrehendes Element im Vakuum dieses Films. Salma Hayeks Rolle als Sonia Kincaid wiederum bleibt durch die Konzentration des Films auf die männlichen Rollen viel zu beschränkt, um sich entfalten zu können.

Ein einziges Mal, in einer Rückblende auf die Kennenlernszene zwischen den Kincaids, bekommt die Rolle Kraft. In dieser Szene zermetzelt Salma Hayek eine Männergruppe, die sie in einer Bar betatscht hat – und nach den Anstrengungen, einem davon eine Flasche in die Halsschlagader zu rammen, lässt sie sich von ihrem künftigen Mann erst mal ein kühles Bier reichen. Leider nur eine Szene und kein Film.

„Killer’s Bodyguard“. Regie: Patrick Hughes. Mit Samuel L. Jackson, Ryan Reynolds u. a. USA 2017, 119 Min.