: Kaum Platz für Obdachlose
LEBEN Rot-Grün verlangt ein Konzept zur dezentralen Versorgung von Wohnungslosen. Der Senat soll „seinen Einfluss“ bei der Gewoba geltend machen. Doch der Mangel an Sozialwohnungen wird bleiben
Im Bremer Westen soll eine zunächst auf vier Jahre befristete „Entwicklungsagentur West“ entstehen.
■ Ihr Ziel ist es, die Stadtteile Gröpelingen, Walle und Findorff – dort leben mehr als 80.000 Menschen – „sozial und städtebaulich weiterzuentwickeln“, wie es in einem Senatspapier heißt.
■ Die Agentur kostet 2013 zunächst 410.000 Euro und hat drei MitarbeiterInnen, die jährlich dem Senat über Fortschritte Bericht erstatten sollen. MNZ
Die rot-grüne Landesregierung soll noch in diesem Jahr ein Konzept zur Wohnungslosenpolitik vorlegen. Das fordern SPD- und Grünen-Fraktion in einem gemeinsamen Antrag. „Der Senat ist da noch nicht in die Puschen gekommen“, sagt die Grünen-Politikerin Susanne Wendland. Die beiden Regierungsfraktionen wollen Wohnungslose verstärkt dezentral unterbringen – allerdings fehlt es weiterhin an geeigneten Wohnungen.
Zwar sollen allein bis Ende kommenden Jahres 700 Wohnungen mit Mietpreisbindung neu entstehen oder saniert werden, ein Fünftel davon ist für besonders Bedürftige reserviert, Wohnungslose etwa oder Flüchtlinge. Doch diese 140 Wohnungen sind bei weitem zu wenig: 1.500 BremerInnen seien wohnungslos oder könnten es jedenfalls bald werden, sagt Wendland unter Berufung auf Senatsangaben. „Wir haben es versäumt, in den letzten Jahren genug neue Sozialwohnungen zu fördern“, so Grünen-Politikerin Susanne Wendland. Und SPD-Politiker Klaus Möhle sagt: „Wir können gar nicht das an Wohnungsbau-Programmen auflegen, was wir bräuchten“.
Laut der Bremer Verfassung haben alle EinwohnerInnen Anspruch auf eine angemessene Wohnung. Allerdings ist die Zahl der Sozialwohnungen allein zwischen 2005 und 2010 von 8.579 auf 4.586 gesunken. Und weder 2006 und 2007 noch 2011 gab es überhaupt Geld für staatliche Wohnraumförderung.
Trotzdem sollen nach dem Willen von Rot-Grün Notunterkünfte, Übergangsheime und stationäre Einrichtungen „verstärkt abgebaut“ werden – nicht nur, weil sie laut Wendland pro Person und Monat bis zu 1.500 Euro kosten. „Jeder Mensch braucht eine eigene Wohnung“, sagt die Sozialpolitikerin. Die Grünen wollen Bremen, nach dem Vorbild von Duisburg und Herford gar zur „Stadt ohne Obdach“ machen. Möhle dagegen ist zwar „nicht gegen die Dezentralisierung“, möchte aber dennoch einige stationäre Einrichtungen erhalten, etwa Formen des betreuten und hausgemeinschaftlichen Wohnens. Das 1976 gebaute „Papageienhaus“ der Inneren Mission als zentrale Institution der Obdachlosenhilfe gilt aber auch Möhle als überholt, zudem müsste es für 3,5 Millionen Euro saniert werden.
Der Senat soll außerdem, so steht es in dem Papier von Rot-Grün, „seinen Einfluss“ bei der Gewoba und anderen Eigentümergesellschaften geltend machen. Die Grünen wollen dazu auf den Wohnungsnotstandsvertrag von 1981 zurückgreifen. Er sieht vor, dass die Wohnungsbaufirmen 60 Prozent aller frei werdenden Sozialwohnungen an so genannte „Wohnungsnotstandsfälle“ zu vermieten, sagt Wendland, davon 40 Prozent an Obdachlose, ex-Gefangene oder Drogenabhängige. Eingehalten wird der Vertrag aber nicht, stellte der Senat zuletzt fest, es handelt sich ohnehin um Soll-Vorschriften. Doch während 2005 noch 114 BremerInnen aufgrund einer Notlage eine Bleibe erhielten, gab es 2011 keine einzige solche Wohnungsvergabe mehr. „Wir können es uns nicht leisten, auf dieses Instrument zu verzichten“, sagt Wendland. Die Einhaltung des Vertrages müsse kontrolliert werden. MNZ