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MUSIK

MusikThomas Mauchhört auf den Sound der Stadt

Weil die Musik gerade in der Sommerpause lümmelt, kann man gut mal ein Liedchen aus alter Zeit trällern, mit viel biduah, biduah zwischen den Worten, also: Sie rasen (biduah, biduah) durch die Straßen/ und die Gassen, sie sind menschenleer./ Blonde Bienen mit den langen Haaren/ und dem schwarzen Leder, das sie tragen… Und jetzt laut: Halbstark, oh Baby Baby halbstark, oh Baby Baby halbstark, halbstark nennt man sie, yeah, yeah, yeah, yeah!

So sangen das die Yankees aus Bremen im Jahr 1965.

Und da steckt alles drin von den deutschen Befindlichkeiten damals. Menschenleer sind die Gassen in dem Lied ja deswegen, weil in der Nacht der gute Bürger da gar nichts verloren und stattdessen in seinem Bett zu liegen hat. Damit Ruhe herrscht. Außerdem müsste man da draußen auch Angst haben vor denen, die durch die Nacht rasen: die immer irgendwie nach Krawall riechenden und die Ruhe raustragen wollenden Halbstarken.

Dazu steckt in dem Lied sogar, dass man hier – auch so eine deutsche Befindlichkeit – beim Pop den allgemeinen Entwicklungen gern hinterherhinkte. Weil in der Zeit, 1965, brachte sich schon der Gammler in Stellung, während der Halbstarke mit seinen Nietenhosen als Kind des Rock’n’ Roll bereits eine historische Figur war. Besungen. Befilmt. Mit Horst Buchholz in „Die Halbstarken“ (1956) in Westdeutschland und in Ostdeutschland mit „Berlin – Ecke Schönhauser“ (1957) und überall mit James Dean und dem „Rebel Without a Cause“ (1955) im Herzen und immer das Land im Sinn, aus dem das alles ja kam, die Nietenhosen, die Musik … denn sie wussten sehr wohl, was sie tun.

So schön, schön war die Zeit. In die man sich einfühlen kann, am Samstag im Museum für Kommunikation (im Rahmen der Langen Nacht der Museen) bei der Langen Nacht der Halbstarken. Bei dem entsprechenden Nietenhosen- und Petticoat-Programm gibt es um 23.30 Uhr auch eine Surf-Band-Battle, bei der aus Berlin die Kilaueas und aus Livorno der International Ambassador of Surf Music Surfer Joe in den Ring steigen (Leipziger Str. 16, ab 18 Uhr, 18 €).

Die Musik lümmelt in der Sommerpause? Ist gar nicht wahr. Sie tummelt sich bei den Festivals: Klassisch bei der heute am Donnerstag startenden Young Euro Classic im Konzerthaus (am Sonntag gibt es da etwa mit dem Bundesjugendorchester auch Ralf König als Livezeichner zu Mussorgs­ki zu sehen). Beim Atonal hört man im Kraftwerk Berlin noch bis Sonntag dunkel Dröhnendes. Und am Mittwoch startet in der Kulturbrauerei das Festival mit dem recht prinzipiellen Namen Pop-Kultur. Wo man schon zeigen will, dass man mittlerweile auch in Deutschland immer rechtzeitig dran ist beim Pop.

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