Hamburg verschubt seine Flüchtlinge weiter

ABKOMMEN Asylbewerber sollen für für weitere sechs Jahre im Lager Nostorf-Horst unterkommen. Trotz massiver Kritik wird die Vereinbarung mit Mecklenburg-Vorpommern heute unterzeichnet

Das Lager liegt isoliert – ohne Infrastruktur, Schule oder adäquate medizinische Versorgung

Es ist definitiv: Hamburg wird weitere sechs Jahre Flüchtlinge im Lager Nostorf-Horst in Mecklenburg-Vorpommern unterbringen. Einen entsprechenden Vertrag unterzeichnen am heutigen Donnerstag Hamburgs Innensenator Michael Neumann (SPD) und sein Schweriner Amtskollege Lorenz Caffier (CDU). Damit kann Hamburg dauerhaft mindestens 200 der 450 in der „Wohnaußenstelle“ vorhandenen Plätze nutzen.

Dabei hatte 2008 die damalige schwarz-grüne Landesregierung beschlossen, den 2012 auslaufenden Vertrag über die Mitnutzung des Lagers keinesfalls zu verlängern und auch die oppositionelle SPD liebäugelte damals mit dem Ausstieg. Das Lager steht in der Kritik, weil das ehemalige Kasernengelände in einem isolierten Waldstück liegt – gut fünf Kilometer von Boizenburg und Lauenburg entfernt.

Zudem war die Unterbringung wegen schlechter medizinischer Versorgung und fehlender Bildungsmöglichkeiten für Kinder in den Fokus geraten. „In Horst zu leben, bedeutet, von fast jeder Infrastruktur abgeschnitten zu sein“, sagt Franz Forsmann vom Flüchtlingsrat Hamburg. Ulrike Seemann-Katz vom mecklenburgisch-vorpommerschen Flüchtlingsrat findet es „schrecklich“, dass nun „auf Jahre die Unterbringung fernab des Zugangs von Integrationsmöglichkeiten stattfindet“. Die Flüchtlingsräte fordern seit Langem die Schließung des Lagers und wollen dafür am kommenden Sonntag um 13 Uhr vor Ort demonstrieren.

Hamburgs Innensenator Michael Neumann hingegen verteidigt jetzt den neuen Vertrag. Aufgrund der derzeit stark ansteigenden Zahl von Asylbewerbern sei es „absolut richtig, die Kooperation fortzusetzen“. Die Erstaufnahmestelle „Sportallee“ in Hamburg-Alsterdorf – Neumanns derzeit einzige Alternative zu Horst platzt längst aus allen Nähten. Neuankömmlinge werden dort seit einigen Wochen in nicht winterfesten Zelten untergebracht.

Zudem, so Neumann, seien die Bildungsangebote für Kinder im Lager verbessert worden. Horst sei deshalb gerade „für Familien viel besser geeignet als die Sportallee“.

Die Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Christiane Schneider (Die Linke) vermisst dagegen „eine längerfristige Lösung in Hamburg, die eine Integration ins Gemeinwesen ermöglicht“. Und Antje Möller von den Grünen sagt: „In Nostorf hat sich – anders als behauptet – nichts Wesentliches verändert. Die medizinische Versorgung wurde nicht aufgestockt, die verkehrstechnische Anbindung nicht verbessert.“ MARCO CARINI