: Die Mieten sind zu hoch
Die Mieten in Berlin steigen rasant – aber auch die Mieter organisieren sich und fordern ein Recht auf Innenstadt
■ Demonstration
Die Lärmdemo gegen hohe Mieten und Verdrängung startet am Samstag, 10. November, um 16 Uhr am Kottbusser Tor.
■ Kongress
Der mietenpolitische Kongress zum Sozialen Wohnungsbau findet am Dienstag, 13. November, im Abgeordnetenhaus von Berlin statt. Beginn: 9.30 Uhr, Niederkirchnerstraße 5
Eine bezahlbare Wohnung in Berlin zu finden, wird immer schwerer. Den jüngsten Zahlen des Immobilienverbands Deutschland zufolge liegt die durchschnittliche Nettokaltmiete in Berlin bei 7,45 Euro. Zum Vergleich: 2006 zahlte man noch 6 Euro pro Quadratmeter. Betroffen sind dabei längst nicht mehr nur die Innenstadtbezirke. Auch in Randbezirken wie Marzahn-Hellersdorf kostet der Quadratmeter inzwischen 6,50 Euro. Ein Ende dieser Entwicklung scheint nicht in Sicht. Wie aus einem im Oktober veröffentlichten Bericht des Bundesbauministeriums hervorgeht, sind die Mieten in Berlin im vergangenen Jahr erneut um 7,4 Prozent gestiegen. In anderen bundesdeutschen Großstädten sieht die Lage nicht besser aus. In Hamburg zogen die Mieten um 7,5 Prozent an in Freiburg sogar um 8,1 Prozent.
Gegen die Zustände auf dem Wohnungsmarkt wird am 10. November in Berlin, Hamburg und Freiburg protestiert. In Berlin mobilisieren MieterInnen-Initiativen und linke Gruppen unter dem Motto „Keine Rendite mit der Miete“ zu einer „Lärmdemo XL“, die um 16 Uhr am Kottbusser Tor beginnen soll. Zudem lädt die MieterInnen-Initiative Kotti & Co gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt am 13. November in das Berliner Abgeordnetenhaus zu einer Konferenz über den sozialen Wohnungsbau. Auf der Konferenz soll einen Tag lang über Lösungen für die Mietpreissteigerungen diskutieren werden. Dabei soll es konkret auch um kurzfristige Maßnahmen für die betroffenen MieterInnen gehen, die, wie am Kottbusser Tor, in Häusern des sozialen Wohnungsbaus leben. „Wir können nicht mehr warten. Es muss sofort etwas passieren“, betont Matthias Klaudien von Kotti & Co.
Der Protest gegen die Mietpreisexplosion in Berlin reißt nicht ab. Seit Herbst vergangenen Jahres vergeht kaum ein Monat, in dem nicht gegen steigende Mietpreise demonstriert wird. Seit Mai 2012 kampiert die AnwohnerInnen-Initiative Kotti & Co am Kottbusser Tor, um Druck auf die Politik auszuüben. Denn auch am sozialen Wohnungsbau ist die Mietpreisentwicklung nicht spurlos vorübergegangen. In den vergangenen Jahren sind die Mieten am Kottbusser Tor deutlich angestiegen und liegen bereits zum Teil über dem Mietenspiegel. Auch der Umstand, dass die Jobcenter in einigen Fällen nicht mehr bereit sind, die Mietkosten in voller Höhe zu übernehmen, verdeutlicht, wie angespannt die Situation im sozialen Wohnungsbau ist. Die MieterInnen von Kotti & Co fordern daher als Sofortmaßnahmen eine Mietsenkung sowie die Anerkennung der realen Mietkosten durch die Jobcenter. Zudem wird eine langfristig tragbare Lösung im Sinne der Sozialmieter angestrebt.
Zumindest eine Forderung der Initiative wurde von der Politik nun erfüllt: Am 13. November findet die Konferenz im Abgeordnetenhaus statt. Die Forderungen der Konferenz sind klar definiert: Neben nachhaltigen Lösungen für den sozialen Wohnungsbau wie die Rekommunalisierung von Wohnraum verlangen die AktivistInnen Sofortmaßnahmen in Form einer Mietpreissenkung. „Was nützen uns Mietverbesserungen in vier Jahren, wenn wir dann nicht mehr hier wohnen?“, fragt Klaudien. Auf der Konferenz sollen nach einer gemeinsamen Auftaktveranstaltung die verschiedenen Aspekte des sozialen Wohnungsbaus in mehreren Panels diskutiert werden.
Schirmherr der Konferenz ist der Stadtsoziologe Andrej Holm, der sich als Stadtentwicklungsforscher einen Namen gemacht hat. Neben ihm sind VertreterInnen der Senatsverwaltungen für Finanzen sowie Stadtentwicklung und Umwelt, der Investitionsbank Berlin, des Landesrechnungshofs und der Immobiliengesellschaft GSW mit dabei. Unabhängige Expertise sollen Initiativen wie das Mietshäuser-Syndikat und VertreterInnen von Stadteilläden einbringen. Auch für MieterInnen stehen die Panels offen. Wie Klaudien sagt, sei jeder dazu eingeladen, vorbeizukommen und mitzudiskutieren. Eine Broschüre mit dem vollen Programm ist vorab im Camp von Kotti & Co erhältlich.
Die OrganisatorInnen hoffen ebenfalls auf eine große Beteiligung an der „Lärmdemo XL“, mit der erneut ein Zeichen gegen die „Mietpreis-Explosion“ gesetzt werden soll. Anders als die Konferenz beschränkt sich die Demonstration dabei nicht auf den sozialen Wohnungsbau. Stattdessen sollen allgemeine Folgen der Privatisierung von Wohnraum wie Mietpreissteigerung und soziale Verdrängung thematisiert werden. „Wir appellieren an den Senat, dem Mieten-Wahnsinn endlich ein Ende zu setzen“, sagt Klaudien. LUKAS DUBRO