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MUSIK

MusikTim Caspar Boehme hört auf den Sound der Stadt

Die Woche beginnt diesmal am Mittwoch. Womit sie notgedrungen am selben Tag auch endet. Doch das reicht schon für ein Programm mit einiger Auswahl, die man dann ja ganz gewiss treffen muss. Beginnen wir daher mit dem Großspektakel, das an seinem Eröffnungsabend, eben Mittwoch, eine Fülle an Auftritten bietet, die ansonsten praktisch für eine Woche reichen würden: Berlin wird wieder Atonal. Und gleich zum Auftakt erweist man einem der großen Vorkämpfer des verkabelten Musizierens schlechthin die Ehre, dem Komponisten Karlheinz Stockhausen höchstselbst. Mit dessen achtkanaliger „Oktophonie“ von 1991 erklingt ein kosmisches Spätwerk des wohl entscheidenden Ideengebers für Elektroniker aller Couleur bis heute – selbst wenn der Meister von seinen selbsternannten Nachfolgern oft recht wenig hielt. Die brauchen sich darüber gleichwohl nicht zu grämen, Stockhausen war ein schwieriger Mensch. Insofern wäre es auch egal, was er zu dem Werk sagen würde, das der Japaner Ena und sein Berliner Kollege Rashad Becker für die oktophone Raumklangbeschallung entwickelt haben. Oder zur australischen Sängerin Carla dal Forno, die Gitarrenpop und Synthesizer-Melancholie so zusammendenkt, dass sie ihren schönen Melodien jede Leichtigkeit austreibt, einen aber trotzdem damit ernsthaft berühren kann, ohne dass es gleich wehtun muss. Und im zum Kraftwerk gehörenden Club OHM, der seiner kleineren Dimensionen wegen als Erholungsstätte für alle Agoraphobiker dienen kann, gibt es zu späterer Stunde den Modularsynthesizer-Steckverbindungsspezialisten Robert Aiki Aubrey Lowe, auch bekannt unter der Namen Lichens, oder die als unheimliche Erinnerungsmaschinen tätigen Plattenverwertungskünstler Demdike Stare, die sich praktischerweise als DJs warmspielen. Und der ganze Spaß geht dann ja noch bis Sonntag (Köpenicker Str. 70, 20 Uhr, 30 €).

Wo Atonal mit Stockhausen einem Pionier der synthetischen Klänge huldigt, macht das Columbia Theater zur gleichen Zeit einen Knicks vor den allemal verdienten Helden des HipHop, der Sugarhill Gang, der wir immerhin den ersten Top-40-Hit der Rap-Geschichte verdanken. Von der Originalbesetzung der MCs sind nur noch Wonder Mike und Master Gee dabei (Big Bank Hank ist 2014 gestorben), dafür haben sie eine neue Liveshow im Angebot. Und wer weiß, vielleicht spielen sie ja „Rapper‘s Delight“ (Columbiadamm 9–11, 20 Uhr, 23 €).

Und da wir gerade dabei sind: Der große Jazzfunker Roy Ayers zählt im HipHop zu den am meisten gesampelten Musikern. Im Yaam kann man sich, am selben Abend, noch einmal ein Bild davon machen, warum das so ist (An der Schillingbrücke 3, 20 Uhr, 27 €).

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