: Big Boss ist in Rüsselsheim
AUTOINDUSTRIE Der Chef von General Motors, Fritz Henderson, wirbt bei den Opelanern für sein Sanierungskonzept. Details unklar. Neuer Opel-Chef könnte Herbert Demel werden
AUS RÜSSELSHEIM KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT
„Hurrah!“ Es geht wieder aufwärts mit Opel. Der neue Opel Astra bekam jetzt schon vor der Markteinführung im Dezember von Autobild das Goldene Lenkrad verliehen. Und Opel konnte gleich auch noch einen „Großauftrag“ an Land ziehen. Die Adler Modemärkte GmbH orderte 120 Insignia Sports Tourer, nicht zuletzt deshalb, „weil dieses Auto gerade erst von der Aktion Gesunder Rücken zertifiziert worden ist“, so Adler-Geschäftsführer Thomas Wanke.
Nach der Entscheidung von General Motors (GM), Opel im Konzern zu behalten und nicht an den Autoteilebauer Magna zu verkaufen, steht das Unternehmen – dank der staatlichen Abwrackprämie – zudem auch finanziell wieder gut da. 1,75 Milliarden Euro würden „cash“ in Rüsselsheim in der Opelkasse liegen, vermeldete eine Zeitung an diesem Montag. Und der designierte Aufsichtsratschef von Opel, Bob Lutz, sagte, dass das Unternehmen durchaus in der Lage sei, den staatlichen Brückenkredit – Resthöhe 800 Millionen Euro – fristgerecht bis Ende November zurückzuzahlen, „falls das von der Bundesregierung tatsächlich gewünscht werde“. Es wird gewünscht – noch.
Auch GM-Boss Fritz Henderson traut sich jetzt wieder nach Rüsselsheim; wohl auch, weil die Proteste gegen die Zurückweisung von Magna abflauen – der Favorit von Betriebsrat und (deutscher) Politik. An den ausländischen Opelstandorten ging am vergangenen Freitag trotz Aufforderung von Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz kein Mensch für Magna auf die Straße oder legte die Arbeit nieder. Und auch den Beschäftigten bei Opel in Deutschland wird allmählich klar, dass man sich mit GM wohl arrangieren muss. Dazu gebe es nun „keine Alternative mehr“, heißt es jetzt immer öfter bei Befragungen an den Werkstoren in Rüsselsheim.
Mit Henderson jedenfalls, der mehrere Tage in Rüsselsheim bleibt, will sich auch Franz durchaus treffen, denn der Big Boss aus Detroit sei zwar „kein einfacher, aber ein berechenbarer Partner, der sich an Abmachungen hält“, so Franz. Henderson hatte Opel schon 2005 hart saniert und 10.000 Stellen gestrichen. Danach schrieb das Unternehmen vorübergehend wieder schwarze Zahlen. Jetzt will Henderson mit dem Management und den Betriebsräten über das neue GM-Konzept und den Abbau von erneut 10.000 Arbeitsplätzen bei Opel und Vauxhall reden. Und wohl auch über die Bestellung eines Nachfolgers für den demissionierten Präsidenten von GM Europe, Carl-Peter Forster.
Chancen, den Job als Opel-Boss zu bekommen, räumen Branchenkenner dem Magna-Topmanager Herbert Demel ein, der auch schon Vorstandschef bei New Opel werden sollte, falls Magna beim Bieterwettbewerb um Opel den Zuschlag bekommen hätte. Demel wäre das personifizierte „Versöhnungsangebot“ an die Adresse der „Magna-Fans“ bei Opel. Aus Detroit war allerdings auch zu hören, dass der als harter Hund geltende Brite Nick Reilly, der bei GM für die Region Asien-Pazifik zuständig ist, der neue Chefsanierer werden könnte. Eine Ratingagentur schätzt den Finanzbedarf für die Sanierung von Opel auf rund 5 Milliarden Euro; GM spricht aktuell von 3 Milliarden.
Franz hatte schon letzte Woche zur „Bedingung“ gemacht, dass die Opel GmbH in eine deutsche Aktiengesellschaft umgewandelt werden müsse und dass man „kein Anhängsel von GM“ sein wolle, das von Detroit aus „durchregiert“ werde. Das aber dürfte weit über das hinausgehen, was GM-Boss Henderson am Montag mit der Ankündigung, Opel „mehr Eigenständigkeit“ zugestehen zu wollen, wohl gemeint haben könnte.