„Aus Stroh mach Gold“

WASSERMUSIK 1 Heute beginnt im Haus der Kulturen der Welt das Festival Wassermusik. Zusammen mit dem äthiopischen Musiker Alemayehu Eshete wird auch Max Weissenfeldt auftreten

Max Weissenfeldt mit seiner Band „The Polyversal Souls“ Foto: Wassermusik

Interview Lorina Speder

Im Jahr 2000 reiste der Trommler und Komponist Max Weissenfeldt das erste Mal nach Afrika. Damals war er in Marokko auf Tour mit der Band Embryo. Inzwischen war er über 20 Mal auf dem Kontinent, meistens in Ghana. Sein internationales Ensemble, die Polyversal Souls, spielen beim 10. Wassermusik Festival im Haus der Kulturen der Welt am 11. August zusammen mit dem „Äthiopischen Elvis“, Alemayehu Eshete. Beim Besuch im Büro und Studio von Weissenfeldts Label Philophon beantwortete der Musiker einige Fragen.

taz: Sie spielen mit den Polyversal Souls und Alemayehu Eshete zur 10. Ausgabe des Wassermusik Festival im Haus der Kulturen der Welt. Sie wohnen auch in Berlin – haben Sie das Festival über die Jahre auch beobachtet oder sogar schon mitgemacht?

Max Weissenfeldt: Aufgetreten bin ich selbst noch nicht, aber ich war schon da. Das war vor zwei Jahren, als das Festival den Schwerpunkt Indien hatte. Dort hatte ich eine pakistanische Band gesehen, die Qawwali-Musik gemacht hat. Es war draußen auf der Wiese, eines der tollsten Konzerte, das ich je in Berlin gesehen habe.

Was macht das Wassermusik Festival für Sie besonders?

Die zehnte Ausgabe der Wassermusik läuft vom 21. Juli bis zum 13. August am Haus der Kulturen der Welt.

Konzerte gibt es von Musikern u. a. aus Afrika und Südamerika. Eröffnung ist heute mit dem brasilianischen Gitarristen Arto Lindsay, morgen folgen die Cumbia-Psychedeliker Los Pirañas (Kolumbien). Weitere Auftritte: Abdullah Ibrahim, Oumou Sangaré, Alemayehu Eshete & The Polyversal Souls, Moreno Veloso.

Die begleitende Filmreihe läuft nach den Konzerten ab 22 Uhr.

Tagestickets kosten zwischen 12 und 28 Euro.

Ich finde es einmalig, dass man wirklich Musik aus aller Welt live und glaubwürdig präsentiert bekommt. Das Konzept und Wort Weltmusik sehe ich immer kritisch – für viele ist Weltmusik doch alles, was nicht westlich klingt. Das ist „Rest der Welt Musik“. Kürzlich war ich auf einer schlechten Version eines „Weltmusik Festivals“ – da haben sie echt Leute mit Bananenröckchen auf die Bühne geschickt und oberflächliche Klischees bedient. Das würde bei der Wassermusik nie passieren. Die Künstler haben hier alle musikalischen Freiheiten, wie die Band von vor zwei Jahren. Da hatte das HKW ein Lokalphänomen von weit her geholt und es einfach machen lassen. An der Musik war nichts angepasst – das hat sich wie auf Schallplatte angehört.

Am 11. August findet Ihr Konzert mit den Polyversal Souls und Alemayehu Eshete statt. Sie spielen schon länger zusammen – wie kam das Projekt ursprünglich zustande?

Das brachte ein weiterer äthiopischer Musiker, Hailu Mergia, ins Rollen. Er hatte bei uns im Studio aufgenommen und wir haben uns sofort mit ihm verstanden. Wegen seiner Bekanntheit in Äthiopien wurde er von der Galerie Listros in Berlin zu einem Talk eingeladen. Ich war vor Ort und mit mir die gesamte äthiopische Community. Der Galerieleiter hatte sich dann für ein Projekt mit Alemayehu Eshete bei Berliner Musikern erkundigt, die sich mit äthiopischer Musik auskennen. Da hieß es gleich, hier ist der Max, der kennt sich aus.

Sie sind also der Experte für äthiopische Musik in Berlin?

„Äthiopische Musik hat ein interessantes Pentatonik-Konzept“

Max Weissenfeldt

Musikhistorisch gesehen hatte mit meinem Label 2007 die überhaupt zweite neo-äthiopische Single nach Einstellung der dortigen Plattenproduktion im Jahr 1978 auf den Markt gebracht. So wenig hatte sich der Westen bis dato mit äthiopischer Musik auseinandergesetzt. Danach kam alles ins Rollen. Aber eigentlich ist es witzig, dass ich als Spezialist für äthiopische Musik wahrgenommen werde. Ich habe das nie fokussiert. Ich würde mich vielmehr als Spezialist ghanaischer Musik beschreiben – deshalb reise ich ja auch so oft nach Ghana. Äthiopische Musik hat mich aber auch irgendwie immer begleitet, ohne dass ich viel dafür getan habe. Und jetzt werde ich als Fachmann dafür gehandelt- bizarr. Ich finde die Musik aber großartig und spiele sie gerne. Ich komponiere auch oft mit dem äthiopischen Skalenmaterial, weil ich das Pentatonik-Konzept interessant finde.

Beim Programm fällt auf, dass Ihr Projekt die einzige Kollaboration von zwei verschiedenen Musikerkreisen ist.

Genau, wir sind das einzige Projekt. Die Zusammenarbeit wird wirklich nur für die Wassermusik durchgezogen und ist eng getaktet. Wenn Alemayehu im August anreist, haben wir vier Tage Zeit zum Proben. Da muss alles passen und gut ist. Wir sind gerade dabei die Songs zu verhandeln – er hatte auch einen Schlager vorgeschlagen, den ich jetzt nicht so toll finde. Aber wir werden sehen. Ich hoffe, es wird super. Ich sag immer, aus Stroh mach Gold. Man kann sogar auch aus klischeehaften Kompositionen was Gutes zaubern.