JAMAIKA IST UNMÖGLICH – FDP UND GRÜNE TRENNEN POLITISCH WELTEN
: Die Liebhaber der Seifenblase

Nichts geht, alles scheint möglich. Deshalb scheint sich jedermann berufen zu fühlen, seine politische Fantasie spielen zu lassen. Das aktuelle Ergebnis heißt Jamaika-Koalition, also Schwarz-Gelb-Grün, und ist eine Seifenblase, schillernd und flüchtig. Denn die Kosten-Nutzen-Rechnung fällt für die Grünen kristallklar aus – negativ. Was könnten sie als schwächste Kraft in der Koalition gegen Merkel/Westerwelle durchsetzen? Den Mindestlohn gegen die FDP? Die Bürgerversicherung gegen die Kanzlerin, die auf die Kopfpauschale setzt? Die Öko-Landwirtschaft gegen die CDU-Bauern? Den Atomausstieg und die Förderung neuer Energien gegen alle? Wer koaliert, muss Kompromisse eingehen. Aber welchen Kompromiss gibt es zwischen mehr Ökologie und viel weniger? Zwischen einem sozial gerechten Gesundheitssystem und dessen Abschaffung? Wenn Positionen sich ausschließen, gibt es keinen Kompromiss. Sondern blutige Nasen.

Eigentlich ist das Spiel, das die Liebhaber des Konjunktivs derzeit so eifrig betreiben, schon hier am Ende. Aber spinnen wir die Sache aus Gründen der Deutlichkeit weiter. Nehmen wir an, ein Teil der grünen Fraktion würde Merkel wählen. Was wäre die Folge? Eine Spaltung der grünen Fraktion und Partei in zwei lebensuntüchtige Teile. Dies wäre ein angekündigter Selbstmord auf offener Bühne – verfolgt von einem schreckensstarren Publikum, das die Grünen übrigens gerade mit 8 Prozent in die Opposition gewählt hat.

Und was ist, statt Jamaika, mit Schwarz-Grün? Nicht viel. Bislang hat es sich zuverlässig als Gespenst erwiesen, das stets verschwand, sobald die Wahl näher rückte. Denn Grüne und CDU hatten wohl zu Recht Angst, ihre Basis zu überfordern. Dennoch hat Schwarz-Grün wenigstens einen rationalen Kern. Wie hart er ist, könnten CDU und Grüne in Baden-Württemberg nach den Landtagswahlen 2006 ausprobieren. Schwarz-Grün müsste fünf Jahre in Stuttgart regieren, ohne dass die grüne Basis davonläuft. Erst danach würde es überhaupt lohnen, über Schwarz-Grün im Bund seriös nachzudenken. Hätte, könnte, wäre. STEFAN REINECKE