Widerstand gegen Nazi-Mode: „Der Stadtteil rückt zusammen“

Seit März ist die bei Rechten beliebte Modemarke Thor Steinar mit einem Laden in Barmbek vertreten. Rachid Messaoudi organisiert dreimal die Woche Proteste.

Mehrmals die Woche: Barmbeker halten Mahnwache vor dem Thor-Steinar-Laden Foto: Joto

taz: Herr Messaoudi, wenn der „Nordic Company“-Laden schließt, kaufen die Rechten woanders oder online ein. Warum also überhaupt dagegen protestieren?

Rachid Messaoudi: Man könnte behaupten, der Laden schadet niemandem. Das ist aber falsch, denn er gehört zum Stadtbild. Und wenn Nazis sich in Klamotten mit positiven Bezügen auf die Wehrmacht und gewaltverherrlichenden Aussagen präsentieren, gehören die auch zum Stadtbild. Wir wollen nicht, dass das passiert, und sich Fremdenfeindlichkeit etabliert. Wir wehren uns dagegen.

Nachbarn, Bezirksamt und -verwaltung sind gegen den Thor-Steinar-Laden. Er ist aber immer noch da. Kommt ein Gefühl der Ohnmächtigkeit auf?

Nein, rechtliche Schritte dauern eben. Die Eigentümergemeinschaft hat mehrheitlich beschlossen, den Laden loszuwerden. Sie hat einen Anwalt eingeschaltet, den wir, die Barmbeker Initiative gegen rechts, an unser mobiles Beratungsteam verwiesen haben. Wir sind hochmotiviert, weil wir wissen, dass unsere Arbeit Früchte trägt.

43, ist in der Bezirksversammlung Hamburg-Nord für die Linke und aktives Mitglied bei der 2008 gegründeten Barmbeker Initiative gegen rechts.

Wie viele Leute kommen zu den Mahnwachen?

Das ist unterschiedlich. Samstags können es über 40 Leute sein, dienstags und donnerstags weniger. Manche kommen nur für eine halbe Stunde, aber die meisten bleiben lange.

Wie werden die Proteste von den Barmbekern aufgenommen?

Das ist phänomenal, wir erleben sehr große Solidarität. Uns werden Getränke und Süßigkeiten vorbeigebracht, Autofahrer geben ein Daumen hoch und hupen. Die Barmbeker kommen mit uns ins Gespräch und bedanken sich für unser Engagement. Der Stadtteil rückt eng zusammen.

Verschaffen Ihre Proteste dem Laden nicht mehr Aufmerksamkeit?

Wir nutzen die generierte Aufmerksamkeit für unsere Sache, die Aufklärung. Im Stadtteil gibt es Menschen, die gar nicht bemerken, was da passiert. Wir wollen die politisieren und haben klare Erfolge erzielt. Ob der Laden Aufmerksamkeit von rechter Seite bekommt oder nicht, ist egal.

Haben Sie auch Unterstützer des Ladens getroffen?

Ja. Leute, die dort eingekauft haben, versuchten uns zu provozieren. Die sind dann durch unsere Versammlung gegangen und haben uns verbal angegriffen.

Im April wurde Ihre Initiative durch die AfD gestört. Was ist passiert?

Wir haben in unmittelbarer Nähe des Ladens Flyer verteilt. Wir bemerkten einen AfD-Stand. Die haben zuerst das Gespräch mit uns gesucht und gesagt, dass sie auch gegen Nazi-Klamotten in Barmbek sind. Aber dann versuchten sie, uns vom Verteilen der Flyer abzuhalten. Nach ein paar Minuten wurden sie aggressiver und meinten, dass wir faschistisch seien, weil wir Klamotten verbieten wollen. Die ursprünglich bekundete Antipathie gegen Nazi-Klamotten scheint doch nicht so ernst gewesen zu sein.

Warum wurde Ihr Vorgehen als faschistisch bezeichnet?

Deren Logik war: Wenn wir gegen einen Klamottenladen sind, schränken wir die Meinungsfreiheit ein. Was genau auf den Anziehsachen steht, störte die AfDler offenkundig nicht.

Wie ging die Situation aus?

Das endete damit, dass die ­AfDler sich uns in den Weg stellten und die Polizei anriefen. Die erteilte uns einen Platzverweis, blieb aber neben dem AfD-Stand stehen. Das fanden die nicht so toll und packten nach zehn Minuten genervt ihre Sachen. Sehr viele Bürger haben sich währenddessen mit uns solidarisiert und fanden das, was die AfDler gemacht haben, alles andere als gut.

Sie protestieren seit März. Wie lange halten Sie noch durch?

Wir haben mit Leuten aus Glinde gesprochen, die dort fünfeinhalb Jahre jeden Tag eine Mahnwache abhielten. Das hat uns sehr beeindruckt. Sollte es so lange dauern, werden wir das auch so lange aufrecht erhalten.

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