CHRISTIAN RATH ÜBER DIE NEUREGELUNG DER SICHERUNGSVERWAHRUNG
: Die SPD blinkt rechts

Die Sozialdemokraten pflegen vor allem kriminalpolitische Symbolik

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat sich vorerst durchgesetzt. Der Bundestag hat bei der Neuregelung der Sicherungsverwahrung ausgeschlossen, diese nachträglich zu verhängen.

Ausgerechnet die SPD spielte in der Debatte den Rechtsaußen. Um einen Keil in die Koalition zu treiben, stellte sie einen Antrag mit CDU-Rhetorik. Die Sozialdemokraten forderten eine Möglichkeit zur „nachträglichen Therapieunterbringung“. Damit soll eine angebliche „Schutzlücke“ geschlossen werden, nachdem auf Betreiben der Justizministerin die nachträglich angeordnete Sicherungsverwahrung für Neufälle abgeschafft wurde.

Normalerweise wird die Sicherungsverwahrung schon im Strafurteil angeordnet oder zumindest sich vorbehalten. Wird die andauernde Gefährlichkeit erst in der Haft deutlich, ist eine nachträgliche Anordnung nötig. Derzeit ist diese noch für Altfälle möglich, allerdings nur, wenn der Täter eine psychische Störung aufweist. Die kann, wenn gewünscht, aber leicht konstruiert werden. Die SPD spricht, sich auf diese Störung beziehend, daher jetzt von nachträglicher Therapieunterbringung statt von Sicherungsverwahrung.

Die Justizministerin hält die nachträgliche Anordnung von Verwahrung für überflüssig. Tatsächlich entpuppt sich ein Straftäter nur selten erst in der Haft als nachhaltig gefährlich; eine nachträgliche Korrektur des Urteils ist aus rechtsstaatlichen Gründen nicht möglich. Es gäbe also nur wenige Fälle, in denen der SPD-Vorschlag angewandt würde. Die Sozialdemokraten pflegen daher vor allem kriminalpolitische Symbolik.

Zum Glück ist die Sicherungsverwahrung derzeit kein Thema für die große Öffentlichkeit. Die Neuregelung wurde im Bundestag vor leeren Reihen debattiert. Diesmal durfte man das als gutes Zeichen sehen.

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