LeserInnenbriefe
:

taz.die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Str. 23 | 10969 Berlin

briefe@taz.de | www.taz.de/zeitung

Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von Leserbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Volkswirtschaftlich Unsinn

betr.: „Das Geld kommt aus dem Nichts“, taz vom 1./2. 7. 17

Leider ist diese Aussage volkswirtschaftlich völliger Unsinn. Geld aus dem Nichts, einfach aus der Druckmaschine könnte Otto Normalverbraucher ja völlig egal sein, wenn dieses Geld aus dem Nichts dann auch wieder im Nichts verschwinden würde. Leider ist das aber nicht der Fall, weil nämlich mit diesem „aus dem Nichts geschaffenen“ Geld Immobilien, Konsumgüter und Dienstleistungen erworben werden können.

Eine Steigerung der Geldmenge über die durchschnittliche Produktivitätssteigerung hinaus führt zwangsläufig zu einer entsprechenden Inflation und damit zu einer weiteren Vermögens­umverteilung von „unten nach oben“. Menschen, die nur einen geringen Bruchteil ihres Einkommens für ihren Lebensunterhalt benötigen, profitieren meist von Preissteigerungen (über Zinsen, Wertsteigerung etc.), während die Mehrheit der Bevölkerung draufzahlt.

Woher sollen die Einnahmen des Staats kommen, fragt Dirk Ehnts, und schlägt neue Kredite vor. Wie wäre es mal mit rigorosem Vorgehen gegen großen Betrug? Warum hat der Staat Cum-Ex-Geschäfte zwanzig Jahre lang geduldet? Das hat zu Steuerverlusten in Höhe von rund 40 Milliarden (!) Euro geführt. Wie viel Schulen hätten wir damit sanieren können?!

Wie wäre es damit, endlich die Steueroasen abzuschaffen und Amazon, Apple, Starbucks & Co zur Kasse zu bitten? Man könnte auch den Spitzensteuersatz wieder auf 52 Prozent raufsetzen und eine Vermögenssteuer zum Beispiel ab 1 Million Euro Barvermögen einführen. Das würde dem Staat auch ohne neue Kreditaufnahme reichlich Geld für die Sanierung von Straßen und öffentlichen Einrichtungen verschaffen. DETLEF KOBER, Zernien

Verharmlosung der Prostitution

betr.: „Jetzt reden die Sexarbeiterinnen“, taz vom 1./2. 7. 17

Ihre Berichte zum Thema Prostitution habe ich bisher oft als differenziert und daher begrüßenswert erlebt. Dieser Artikel verharmlost allerdings den Blick auf die Realität in der Prostitution. Gang-Bang-Partys gelten auch als von Sexkäufern gewünschte „simulierte Gruppenvergewaltigungen“, unter anderem mit der Penetration in mehrere Körperöffnungen gleichzeitig. Ich frage mich, ob die Aussage einer einzelnen interviewten Prostituierten für die Masse der Frauen in der Prostitution gültig ist, „dass die Frau immer entscheidet“. Wie wir wissen, gibt es Gang-Bang-Sex auch mit Schwangeren, weil die Sexkäufer es wünschen.

Auch die Bezeichnung „Sexarbeit/Sexarbeiterin“ dürfte grundlegend auf ihre Eignung untersucht werden. Ist die Sexualität und ihre Ausübung nicht viel zu schön und beglückend, als sie mit „Arbeit“ gleichzusetzen? Ist es eventuell für diejenigen, die die Möglichkeit der sexuellen Befriedigung an und in ihrem Körper anbieten, Arbeit – weil sie „so tun müssen“, als hätten sie jedes Mal dieselbe Freude daran wie jeder neue Kunde, ob nun 5-mal oder 30-mal pro Tag? Weil sie sich quasi von ihren eigenen Bedürfnissen entfremden müssen?

Diese Entfremdung vom eigenen Empfinden beschreibt Doña Carmen, Verein für soziale und politische Rechte von Prostituierten, als „Trennung von Sexualität und Liebe“. Der Verein bezeichnet diese „Trennung“ als eine spezifische Technik, die eine Prostituierte „beherrschen muss“, ja nennt sie sogar „Kulturtechnik“.

Ich frage mich, ob unsere Gesellschaft es mit dem Grundrecht auf menschenwürdige Arbeit weiterhin vereinbaren will, dass Menschen – auch 18- bis 20-Jährige – in dieser persönlichkeitsbeeinträchtigenden Weise ihren Lebensunterhalt verdienen sollen.

Könnten wir nicht besser sagen: sogenannte Sexarbeit, oder schlicht von Menschen in der Prostitution sprechen?

Auch im Hinblick auf die Sozialversicherung, auf Urlaub, Altersvorsorge, Krankengeld erfüllt die sogenannte Sexarbeit ja bekanntlich nicht die Kriterien, die in Deutschland allgemein unter Arbeit als Erwerbsarbeit verstanden werden. Eine rundum abgesicherte Tätigkeit im Sexgewerbe trifft leider nur für die Wenigsten zu. Tragischerweise. Die Prostituierten, die nichts haben, ihre Rechte nicht kennen und die sich mangels Sprachkenntnissen nicht behaupten können, werden die geplanten Beratungen des neuen Prostituierten-Schutzgesetzes sicherlich gut gebrauchen können. Mich wundert, dass die Gutsituierten im Sexgewerbe oftmals den KollegInnen, denen es nicht so gut geht, einen möglichen Beratungsbedarf absprechen wollen.

MECHTILD AUF DEM BERGE, Bramsche

Ironische Sportbetrachtung

betr.: „Grand Durchfahrt in 45 Sekunden“, taz vom 4. 7. 17

Hallo lieber Bernd Müllender, als schwimm-, lauf- und radsportaktiver taz-Leser wünsche ich mir Ihren leicht ironischen Artikel zur Tour auch mal zu den taz-geliebten Sportarten wie Fußball, wo 22 erwachsene Männer – manchmal auch Frauen – und drei andere von Tausenden von Menschen, die vorher in einem Anreiseritual Regionalzüge verwüsten, hinter ’nem Ball her rennen, der rund ist und ins Eckige soll – oder so. Ginge das auch? WOLFGANG SIEDLER, Langenhagen

Grundregeln der Rechtschreibung

betr.: „Eure Armut ist uns herzlich egal“, taz vom 5. 7. 17

In Ihrem Tauber-Artikel haben Sie Ihre Redigierpflicht für normgerechtes Deutsch übererfüllt, falls nicht dpa schon korrigiert hatte. So, wie ich den Tauber-Tweet im Internet gelesen hatte, schrieb er „was ordentliches“. Jemand, der arrogant anderen mangelnde Bildung vorwirft, darf doch dabei ertappt werden, dass er Grundregeln der Rechtschreibung nicht sicher beherrscht. MANFRED STRECKER, Bochum