: Der Prozess
Im Prozess um den mutmaßlichen Ehrenmord an der 23-jährigen Hatun Sürücü haben gestern drei ZeugInnen ausgesagt, die Deutschkurdin habe vor ihrem Tod über sexuellen Missbrauch durch einen ihrer Brüder berichtet. Als mögliche Täter wurden die beiden Angeklagten Mutlu (26) und Alpaslan (24) genannt. Eine Sozialarbeiterin vom Jugendaufbauwerk sagte, Hatun habe sich entsetzt darüber geäußert, dass ausgerechnet der Bruder, der ihr so etwas angetan habe, zum Lieblingssohn der Familie geworden sei. „In dem Gespräch ging es um Mutlu“, so die Sozialarbeiterin. Eine enge Freundin der Toten sagte, Alpaslan habe seine Schwester „angetatscht“. Das Wort Vergewaltigung benutzte die Zeugin nicht. Bei der Vernehmung durch die Polizei war genau davon die Rede gewesen. Die in sich widersprüchliche Aussage der 26-Jährigen wurde häufig von Schluchzen und Weinen unterbrochen. Immer wieder sagte sie: „Ich habe Angst um mein Leben, ich habe ein Kind.“ Auch Hatuns Lebensgefährte zum Zeitpunkt ihres Todes bestätigte vor Gericht, dass es einen sexuellen Übergriff gegeben habe. „Was passiert, ist passiert“, soll der älteste Bruder gesagt haben, habe Hatun ihm erzählt. Seit letzter Woche stehen Mutlu, Alpaslan und Ayhan Sürücü (19) wegen gemeinschaftlichen Mordes vor Gericht. Sie sollen die Tötung ihrer Schwester geplant und durchgeführt haben. Das Motiv: Der Lebensstil der Schwester soll die Familienehre gekränkt haben. Zu Prozessbeginn hatte Ayhan die Schuld auf sich genommen. SAM