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MUSIK

MusikThomas Mauchhört auf den Sound der Stadt

Wenn man jetzt aus irgendeinem Grund, böser Fluch oder so was, nur noch die Musik eines Musikers hören dürfte?

Dann muss das gar nicht unbedingt ein böser Fluch sein.

Ich würde zum Beispiel empfehlen, Fred Frith in diese enge Auswahl zu nehmen. Weil damit gleich alle Ängste, dass in so einer Beschränkung irgendwann Monotonie und damit musikalische Ödnis droht, schlicht gegenstandslos sind.

Das hat mit der Abwechslung zu tun, die dieser Mann im Angebot hat. Ein Rumtreiber. In der Welt. In der Musik. Bei der er sich deswegen noch lange nicht verzettelt. Da greift durchaus eins ins andere, alles folgt klaren Prinzipien. Und hört sich dann doch ganz unterschiedlich an, sodass man beim Verfolgen der von Fred Frith hinterlassenen Spuren – angefangen mit dem heftig experimentellen Rock von Henry Cow, mit denen Frith in den Siebzigern unterwegs war – ganz bestimmt nicht von einem belästigt wird: Langeweile.

Der Multiinstrumentalist mit Schwerpunkt Gitarre hat ja alles gemacht: melodieverzückte Lieder (die in einer anderen Welt alle auf Nummer 1 in der Hitparade gegangen wären), Hardcore-Noise, er schrieb eigenwillige, nach moderner Klassik schmeckende Gitarrenwerke, tobte durch ungestümen Freiform-Rock und fand als radikaler Improvisationsmusiker immer neue Sounds. Dann noch seine vielen Zusammenarbeiten mit den anderen experimentierfreudigen Musikern wie John Zorn, Robert Wyatt, Brian Eno und so weiter … wer ein wenig Zeit übrig hat, mag sich bei nyds-discographies.com/frith.htm in einer Diskografie vertiefen mit allen Aufnahmen, bei denen Frith im Spiel war: Ausgedruckt wäre die Liste, Stand Juni 2015, über 200 Seiten lang.

Nicht zuletzt guckt man Fred Frith gern bei seiner Arbeit zu. Wie er spielverliebt mit seiner Gitarre kungelt oder sie schelmisch grinsend traktiert, gerade bei der Improvisation. Da hat der mittlerweile 68-Jährige weiter was einnehmend Bubenhaftes. Das man heute am Donnerstag im Exploratorium erleben darf, wo Frith sich mit dem Klarinettisten Louis Sclavis und dem Perkussionisten Jean-­Pierre Drouet – gleichfalls echte improvisatorische Großmeister – austauscht (Mehringdamm 55, 20 Uhr, 12/10 €).

So richtig Jazz ist vielleicht die einzige Musik, die Fred Frith noch nicht gemacht hat. Den kann man beim Jazz am Kaisersteg hören, der Sommerreihe im Garten von Novilla, wo Jazz aber auch eine wilde, experimentierfreudige Gestrüppmusik sein darf, am Samstag mit Hornbeef, den von Mingus inspirierten I Am Three und dem mit Albert Ayler und (auch hier) John Zorn argumentierenden Powertrio Gorilla Mask (Hasselwerderstr. 22, 19 Uhr, Eintritt frei).

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